Was Sie jetzt über Fernwärme wissen sollten

Energieeffizientere Bauweisen und Passivhäuser führen dazu, dass Energieversorger umdenken müssen, wenn es um Fernwärme geht. Aber nicht nur hier stellt sich eine Veränderung ein. Dr. Manuel Rink hat jetzt im Interview verraten, welche Herausforderungen es für Fernwärme-Versorger darüber hinaus gibt und welche Regelungen jetzt relevant sind.
Dr.-Ing. Manuel Rink ist seit 1993 bei den Stadtwerken Karlsruhe tätig. Er ist Leiter des Geschäftsfelds TW und zuständig für Wärmeerzeugung und -verteilung, Stromerzeugung und regenerative Erzeugung. Nebenbei ist er Geschäftsführer der Karlsruher Energie Service GmbH, einer 50:50-Tochter der SWK und der Volkswohnung Karlsruhe. Dr. Manuel Rink studierte Chemieingenieurwesen und promovierte an der Fakultät für Chemieingenieurwesen in Karlsruhe.
Fernwärme ist geprägt durch umfassende Regelungen
Welche sind die wichtigsten Gesetze, die man jetzt im Rahmen der Fernwärme kennen sollte?
Neben dem KWK-Gesetz, dem Energiesammelgesetz und dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) sind das ErneuerbareEnergienWärmeGesetz (EWärmeG und EEWärmeG) zu nennen.
Das Problem mit der Netztemperatur
Mit welchen Herausforderungen sind Sie als Versorger im Rahmen der Fernwärme aktuell besonders konfrontiert?
Die Attraktivität der Fernwärme hängt maßgeblich von deren Primärenergiefaktor ab. Daher ist für viele Fernwärme-Versorger die Senkung des Primärenergiefaktors in den nächsten Jahren eine Mammutaufgabe. Neben der Einbeziehung von industrieller Abwärme kann dies durch Einbeziehung regenerativer Quellen erfolgen. Voraussetzung dafür ist allerdings in aller Regel eine entsprechend niedrige Vorlauf- somit auch eine niedrige Rücklauftemperatur. Dies ist die zweite große Herausforderung für Fernwärme-Versorger: Die Absenkung der Netztemperaturen.
Fernwärme-Verträge auf Augenhöhe
Sie haben in der Praxis gute Erfahrungen mit einer Kooperation gemacht. Können Sie uns kurz beschreiben, wie diese aussieht?
Wesentlicher Bestandteil ist die hälftige Chancen- und Risikoteilung: Wenn ein Umstand oder Änderung der Rahmenbedingungen dazu führt, dass ein Vertragspartner leidet und der andere gewinnt, führt dies immer zu Ärger. Der Vertrag muss also so ausgestaltet werden, dass dies vermieden wird.
Ist das Modell für andere Versorger geeignet? Was sind die Vorteile und was sind die Voraussetzungen?
Bestandteil des Modells ist, dass die Stadtwerke alle Investitionen tragen und der Kapitaldienst aus der Einsparung finanziert wird. Damit werden die ambitionierten Amortisationszeiten der freien Wirtschaft umgangen und dennoch haben beide Partner vom ersten Tag an einen Vorteil. Voraussetzung ist, dass die Lebensdauer der Anlage und die Vertragslaufzeit länger sind als die Amortisationszeit.
Neubauten machen ein Umdenken erforderlich
Welche Trends sehen Sie zukünftig als besonders relevant an und welche Veränderungen wird es im Bereich der Fernwärme geben?
Gerade im Bereich dichter Bebauung wird die Fernwärme die Rolle des „Enablers“ übernehmen müssen, um einem breiten Kreis neue, regenerative und nachhaltige Lösungen zur Verfügung zu stellen. Im Neubaubereich wird sich mit neuen Techniken und niedrigen Wärmebedarfen eine Wandlung zu Null- oder gar Plus-Energiehäusern vollziehen lassen. Im Bestand ist das nicht einmal mit Sanierungsmaßnahmen erreichbar. Dort wird die Fernwärme sinnvolle und bezahlbare Techniken zentral zur Verfügung stellen und damit alle angeschlossenen Gebäude auf einmal profitieren lassen. Dazu ist allerdings die sukzessive Umstellung rein fossil befeuerter Wärmeerzeuger auf Abwärme und regenerative Erzeuger in Kombination mit Niedertemperatursystemen nötig.