Von der Starrheit zur Agilität – wie Sie die Not zur Tugend machen!

Was ist der Unterschied zwischen dem altbewährten planmäßigen Projektmanagement-Ansatz und einem agilen, anpassungsfähigen Projektmanagement? Christian Sturm von der Daimler AG kennt die Vorteile des agilen Konzepts. Im Interview hat er uns verraten, warum er Unternehmen zu einem agilen Projektmanagement rät und was Sie für Ihren Start wissen und beachten sollten.
Christian Sturm, Dipl.-Ing. (FH) Elektrotechnik, ist als Organisations- und Projektmanagementberater tätig und im globalen Entwicklungsmanagement Daimler Trucks in Stuttgart beschäftigt. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Projektplanung, Projektreporting und -steuerung sowie im Projektportfoliomanagement.
Christian Sturm hat in verschiedenen Projektmanagementfunktionen internationaler Forschungs-, Entwicklungs- und Industrialisierungsprojekte Erfahrungen gesammelt. Er ist in mehreren Gremien zur Initialisierung, Implementierung und Normung von Standards zu Projektmanagementmethoden und -tools aktiv.
Plangetriebenes Projektmanagement und seine Grenzen
Herr Sturm, was ist „falsch“ an dem planmäßigen Projektmanagement-Ansatz und was sind dessen Grenzen?
Das planmäßige Projektmanagement entspricht nicht mehr den Anforderungen an die hohe Dynamik und einem stark vernetzten Arbeiten der heutigen Zeit. Langfristig angelegte Planungen und bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Spezifikationen sowie lange Entscheidungswege über häufig mehrere Gremien hinweg führen das planmäßige Projektmanagement in der Praxis oft an seine Grenzen.
Die Vorteile der Agilität
Warum sollte man Ihrer Meinung nach eher ein agiles, also anpassungsfähiges Projektmanagement verfolgen?
Mit dem agilen Projektmanagement ist man in der Lage, flexibel und schnell auf neue Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Marktveränderungen, zu reagieren. Durch ein vernetztes Arbeiten im Projektteam sind auch komplexe Projektziele gut erreichbar. Umsetzungsorientierung und kurze Entscheidungswege stehen dabei im Vordergrund. Durch das Arbeiten in getakteten Sprint-Abschnitten ist eine sehr stringente Steuerung eines Projektes möglich.
Tipps für Ihren Projekt-Alltag
Haben Sie einige praktische Tipps für mehr Agilität im Projektmanagement-Alltag?
Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass Agilität in erster Linie eine Einstellungs- oder Kulturfrage ist. Es sichert nicht nur den Projekterfolg, wenn man agil vorgeht, es macht auch sehr viel Spaß, schnell und schlagkräftig in einem Projektteam zusammenzuarbeiten. In der Praxis sollte man daher diese Freude an der Agilität und dem Teamgeist wecken. Wichtig ist auch, dass man die Vorgehensweise des agilen Ansatzes auf die eigenen Projekte richtig überträgt. Bei der Entwicklung komplexer technischer Produkte wird man beispielsweise eher weniger Sprints mit längerer Dauer einplanen.
Agilität gleich höheres Risiko?
Agilität birgt leider oft das Risiko von zu viel Freiheit. Wie kann man vermeiden, dass Projekte völlig aus dem Ruder laufen?
Im agilen Projektmanagement gibt es klare Regeln zur Planung, Durchführung und Auswertung von Sprint-Abschnitten. Darüber hinaus sind Rollen für alle Beteiligten definiert, sodass mit einer hohen Transparenz über Projektziele, deren Priorisierung und Zielerreichung gearbeitet wird. Daher sehe ich nicht die Gefahr, dass Projekte aus dem Ruder laufen können. Es ist aber möglich, dass das Projektbudget verbraucht ist und noch nicht alle Projektziele erreicht sind. Die Transparenz darüber liegt jedoch nach jedem Sprint-Abschnitt vor. Insgesamt gesehen halte ich das agile Projektmanagement im Vergleich zum planmäßigen Ansatz für eindeutig effizienter – nach meinen Erfahrungen wird man durch agiles Arbeiten deutlich mehr Projektziele mit einem festgelegten Projektbudget erreichen können.
So starten Sie direkt durch!
Zum Schluss: Was raten Sie unseren Lesern? Was ist der erste Schritt zu einem agilen Projektmanagement – wie kann man heute starten?
Agiles Projektmanagement ist in der Software-Branche entstanden. Wichtig ist, dass man den agilen Ansatz genau verstanden hat, und damit auf seine Branche übertragen kann. Also besteht der erste Schritt in der Qualifizierung über die Methode und die Hintergründe des agilen Projektmanagements. Danach sollte der Spaß an agilem und teamorientiertem Arbeiten geweckt werden. Die am Projekt Beteiligten sollten „abgeholt“ werden und selbst die Vorteile erkennen können. Für sehr traditionsorientiere Branchen würde ich eine schrittweise Implementierung empfehlen, weil die Planung und das Steuern eines Projektes sich gegenüber dem planmäßigen Ansatz stark verändern.