Der nächste Streit im LEH. Dieses Mal: Veganz gegen Edeka

Vegan zu essen liegt im Trend. Mittlerweile findet man viele grüne Produkte in den Regalen des Handels – und darunter bilden die tierfreundlichen einen wichtigen Teil des Sortiments. So auch bei Edeka: Vor nicht einmal zwei Jahren ging der Händler eine Zusammenarbeit mit dem Start-up Veganz ein. Doch bereits 18 Monate später könnte es schon zu einem Aus der Zusammenarbeit kommen. Wir analysieren, was vorgefallen ist.
Edeka legt viel Wert auf vegane Produkte
Vegane Erzeugnisse scheinen für Edeka mehr zu sein, als „nur“ eine Image-Sache. Das vegane Edeka-Sortiment umfasst dessen Eigenmarke Edeka bio+vegan, seit dem Streit zwischen Alnatura und dm viele Alnatura-Produkte – und bislang auch Produkte von Veganz. Zudem bietet der Händler viele interessante Info-Services für Menschen, die sich vegan ernähren möchten. Darunter eine vegane Ernährungspyramide, die zusammen mit Fresenius entwickelt wurde, und eine große Auswahl veganer Rezepte, die in Kooperation mit dem Vegan-Koch Attila Hildmann vorgestellt werden. Dieser zeigt dort als „Veganizer“ einfache vegane Alternativen zu klassischen Gerichten. Als Anreiz, sich die anzuschauen wird das Ganze sogar mit einem Gewinnspiel verbunden.
Die kurze(?) Kooperation zwischen Edeka und Veganz
In dieses Umfeld passt Veganz eigentlich gut rein – und so verkündete das Start-up am 13. Mai 2015 entsprechend stolz die Zusammenarbeit mit der großen Handelskette. Ganze 300 Artikel wurden bei dem Händler gelistet, wobei diese allerdings nur mit relativ starken regionalen Unterschieden verfügbar waren. Aber nur kurze Zeit später hat sich gezeigt: so gut lief die Zusammenarbeit wohl doch nicht. Denn das Thema Vegane Ernährung wird nicht von jedem Laden gleich angefasst. So wurden von vielen Händlern nur wenige Veganz-Produkte gelistet, was sich negativ auf deren Kalkulation auswirkte. Von den anfangs 300 Artikeln sind mittlerweile ein Drittel wieder ausgelistet.
Laut Veganz-Geschäftsführer Jan Bredack wurden die Umsatzziele „nur zu einem marginalen Bruchteil“ erreicht. Sein Unternehmen drohte Edeka mit einem Lieferstopp, bis der Händler zusicherte, zu höheren Preisen bei Veganz einzukaufen. Außerdem schulde der Händler Veganz noch 2,5 Millionen Euro. Um diese einzutreiben bereitet man nun eine Klage vor. Edeka äußert sich bislang wenig zur Situation und gibt lediglich zu Protokoll, dass an der Kooperation festgehalten werden soll. Ob das gut geht?
David gegen Goliath?
Die Metapher vom David gegen Goliath bemühte Bredack selbst, als der die Kräfteverhältnisse zwischen seinem Unternehmen und dem Händler schilderte. Vordergründig ist das auch nicht falsch: Denn der Riese Edeka hat einen Jahresumsatz von 53,2 Milliarden Euro, gegen den Veganz knapp über 25 Millionen äußerst unbedeutend wirken. Somit ist auch nachvollziehbar, dass eine Schuldensumme von 2,5 Millionen Euro im Falle des Start-ups existenziell wichtig ist.
Dennoch scheint sich in dem Streit ein „Sieger“ anzudeuten. Denn die höheren Preise wurden laut taz.de von Edeka bereits zugestanden. Und außerdem hat der vegane Hersteller seine Zusammenarbeit mit Edekas Konkurrenz deutlich ausgeweitet. Bereits vorher gab es dessen Produkte nämlich auch bei Kaiser’s Tengelmann sowie dm. Nun sollen auch bei Kaufland 21 Artikel angeboten werden und man liebäugelt mit der Drogerie Müller und Rewe als neuen Partnern. Das dürfte Edeka absolut nicht gefallen, aber ob es Konsequenzen nach sich ziehen wird, ist erstmal absolut offen.
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Die Verhandlungsposition macht den Unterschied
Erst letzte Woche gingen wir am Beispiel von Bahlsen und Lidl auf den langen Hebel ein, mit dem der Handel die Hersteller derzeit unter Druck setzen kann. Doch im Falle von Veganz hatte wohl auch der Hersteller eine gute Verhandlungsposition: Denn da vegane Produkte auch häufig in Drogerien wie dm angeboten werden, gab es ein breiteres Feld an möglichen Verhandlungspartnern, mit denen das Startup in Kontakt treten konnte. (Mittlerweile ist dm der größte Handelspartner von Veganz.) So konnte man sich etwas weiter aus dem Fenstern lehnen, während es andererseits Edeka wichtig sein dürfte, sein grünes Image nicht nachhaltig zu beschädigen.
Dennoch zeigt das Beispiel abermals die prekäre Situation, die bei der Konkurrenz um Regalplätze bei Deutschlands größten Händlern entstanden ist. Das illustrierte bereits der Streit zwischen dm und Alnatura, bei dem es im grünen Bereich erst kürzlich schon einmal „krachte“. Schon damals merkten wir an, dass eine Situation, die vor Gericht endet, eigentlich für niemanden in der Branche erstrebenswert sei…