Praxisnahes Qualitätsmanagement mit Pareto-Tischen und PDCA-Zyklen

Lean Management und PDCA sind bekannte Methoden und Tools, die für viele aber häufiger in der Theorie, als in der Praxis angewendet werden. Markus Reisch hat uns in seinem Gastbeitrag erklärt, wie praxisnahes Qualitätsmanagement funktionieren kann. Lernen Sie von ihm, was der Pareto-Tisch ist und wie Sie diesen ganz schnell bei sich im Betrieb einführen können.
Markus Reisch ist Geschäftsführer der KEMMLIT-Bauelemente GmbH, die mit 200 Mitarbeitern Marktführer in Deutschland bei der Produktion und Montage von Sanitärraumeinrichtungen wie WC-Trennwänden, Schranksystemen und Reinraummöbeln ist. Davor war Herr Reisch für die Bereiche Einkauf, sowie folgend auch für die kaufmännischen Abteilungen sowie für die Montageabteilung inkl. der Montage beim Kunden verantwortlich. In diesen Bereichen konnte er mit konsequenter Umsetzung von SPS/Kaizen schnell messbare Erfolge umsetzen und die Bereiche kontinuierlich weiter entwickeln.
Höchste Qualität konstant zu produzieren beziehungsweise in Dienstleistungen sicherzustellen ist das Ziel vieler Unternehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es zahlreiche Strategien, Berater, Bücher und Seminare. Höchste Qualität jedoch Tag für Tag konstant zu realisieren ist eine wahre Herausforderung. Einfluss auf die Produkt- oder Prozessqualität haben zahlreiche interne- oder externe Faktoren wie Schwankungen bei Maschinen oder Werkzeugen, Veränderungen im Vormaterial oder bei Rohstoffen, menschliche Einflüsse auf Prozesse sowie, je nach Prozess, auch weitere zahlreiche Faktoren. Das Ergebnis dieser Schwankungen sind erhöhte Kosten für Nacharbeit beziehungsweise erhöhte Qualitätskosten, Lieferprobleme oder gar unzufriedene Kunden. Letztendlich ist daher ein systematisches Qualitätsmanagement in Unternehmen unumgänglich.
Der Methoden-Mix: Lean Management
Lean Management bietet mit seinem ganzheitlichen Ansatz zur „Verschlankung“ und damit zur Verringerung von Verschwendung sehr praxisnahe Teil-Methoden, mit derer sich auch ein systematisches Qualitätsmanagement in Konzernen als auch im Mittelstand umsetzen lässt.
Ein wesentliches Ziel von Lean Management ist es, Verschwendungen im Prozess zu eliminieren. Folgende praxisnahe Methoden eignen sich aus dem „Lean-Management“-Baukasten hervorragend für die Umsetzung eines praxisnahen Qualitätsmanagements:
Qualitätsverbesserung mit Hilfe des Pareto-Tischs
Ein Qualitätsverbesserungswerkzeug das in der japanischen Managementmethode „Kaizen“ (= „Veränderung zum Besseren“) sehr verbreitet ist, ist der Pareto-Tisch. Abgeleitet von der 80/20 Regel die der italienische Volkswirt Vilfredo Pareto aufgestellt hat, wird die Erkenntnis genutzt, dass statistisch eine kleine Anzahl des Gesamtaufwandes (20 Prozent) zu einem großen Ergebnisbeitrag (80 Prozent) führt. Abgeleitet auf das Qualitätsmanagement bedeutet dies: Circa 20 Prozent der Einflussfaktoren verursachen circa 80 Prozent der Qualitätsabweichungen.
Anhand dieser Erkenntnis wurde im Qualitätswesen des japanischen Automobilkonzerns Toyota der sogenannte Pareto-Tisch entwickelt, der mittlerweile in einigen Unternehmen ein wesentlicher Teil des Qualitätsmanagements ist und vor allem am Shopfloor durch seine Einfachheit und Transparenz überzeugt.
Letztlich ist der Pareto-Tisch, wie der Name es schon ausdrückt, ein Tisch. Auf diesem werden alle fehlerhaften Teile in der Produktion oder auch Vorgänge in administrativen Bereichen von allen Mitarbeitern im Bereich abgelegt und gesammelt. Dazu gehören fehlerhafte Teile oder Vorgänge aus dem eigenen Bereich als auch aus sämtlichen vorgelagerten Bereichen.
Ursachen erkennen und Maßnahmen treffen
Zu festen Zeiten, zum Beispiel zweimal täglich, trifft sich der jeweilige Teamleiter mit allen restlichen Mitarbeitern des Teams und dem Qualitätsverantwortlichen an diesem Pareto-Tisch zur Besprechung. Die maximale Dauer dieser Meetings sollte 10 Minuten je Termin nicht überschreiten. Nach kurzer Ursachenforschung, beispielsweise mit der 5-Why-Methode, werden Maßnahmen festgelegt, wie die einzelnen Qualitätsabweichungen künftig vermieden werden können. Im Nachgang werden die Abweichungen und Maßnahmen vom Qualitätsverantwortlichen notiert – hierfür wird an dem Pareto-Tisch oft eine Pinnwand oder mittlerweile auch digitale Pinnwände mit einer Projektmanagementsoftware (z. B. Trello o. ä.) installiert, um die Maßnahmen nachfassen und nachverfolgen zu können.
Grundsätzlich werden Prioritäten bei der Abweichungsanalyse als auch bei der Maßnahmenfestlegung- und Verfolgung nach der Pareto-Regel gesetzt. Es wird stets unterschieden zwischen Einzelfehler und systematischen Abweichungen.
Der Pareto-Tisch bietet einige Vorteile
Eine wesentliche Stärke des Pareto-Tisches ist, dass jedes Schlechtteil sofort sichtbar wird.
Durch die Besprechung mit dem Team findet eine Einbindung aller Mitarbeiter in das Qualitätsmanagement statt.
Durch die gemeinsame Fehleranalyse und Maßnahmenfestlegung wird das Wissen aller Mitarbeiter genutzt sowie gleichzeitig Qualitätsinhalte geschult.
In kleinen Schritten zum großen Ziel
Eine weitere bzw. ergänzende Qualitätsmanagement-
methode ist der „Kontinuierliche Verbesserungsprozess“ (KVP). KVP ist eine Methode, die in regelmäßigen, kleinen Schritten Verbesserungen der Produkt- oder Dienstleistungsqualität umsetzt. Dabei können sowohl kleinere Verbesserungsthemen als auch größere und ganzheitliche Prozesse in kleineren oder größeren PDCA-Verbesserungszyklen umgesetzt werden. Methodisch können diese Themen in kleinen Besprechungen oder auch in mehreren größeren Workshops durchgeführt werden. Der dahinterliegende PDCA-Zyklus (oder auch Demingkreis) beschreibt vier Phasen, die nacheinander innerhalb eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses durchlaufen werden:

- „Plan“: Planung des Verbesserungspotenzials, zum Beispiel durch Ist-Analyse und Zieldefinition
- „Do“: Erste Tests beziehungsweise Umsetzung von ersten Teil-Maßnahmen
- „Check“: Überprüfung der Zwischenergebnisse und Abgleich zwischen Soll und Ist
- „Act“: Standardisieren der Maßnahmen sowie erneuter Übergang in die nächste Verbesserungsschleife zu „Plan“
Der kontinuierliche Verbesserungsprozess ermöglicht die Einbindung aller Mitarbeiter sowie großer und kleiner Verbesserungsmaßnahmen. Wesentlich dabei ist die Idee, dass Prozesse kontinuierlich weiter verbessert werden müssen. Dies ermöglicht agile und sich regelmäßig weiter verbessernde Arbeitspakete, die bei Bedarf schnell korrigiert und weiterentwickelt werden können.
Bei allen Qualitätsmanagement-Werkzeugen gilt: Höchste Qualität lässt sich nur durch konsequente und kontinuierliche Qualitätsarbeit erreichen. Jegliche Kompromisse und mangelnder Fokus führen auch bei diesem Thema nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen.