Organisation der Zukunft: Arbeiten in einer global vernetzten Welt

Die Organisation in einer globalen, vernetzten Welt steht vor völlig neuen Herausforderungen, als früher. Sven Göth ist als Futurist, Experte und Gründer mit den Veränderungen bestens vertraut. Er hat uns im Interview ein paar Ideen vermittelt, wie Strukturen sich ändern müssen, damit Organisationen Schritt halten können und wie wir uns auf die neuen Aufgaben vorbereiten.
Nach seinem Studium der Sportwissenschaften und der Ökonomie/Management gründete Sven Göth zunächst ein mittelständisches Unternehmen und wurde später selbstständiger Unternehmens- und Strategieberater, bevor er schließlich zu Deutschlands führendem Zukunftsforschungsinstitut wechselte.
Hier organisiert er für andere Firmen Innovationdays, bei denen Vorgesetzte und Mitarbeiter gemeinsam Ideen für die Zukunft entwickeln.
Was würden Sie sagen sind die Vor- und Nachteile?
Die Vorteile sind wiederum auch die Nachteile. Wir kommen in einer global vernetzten Welt an Informationen in Sekunden und können uns weltweit mit Menschen und Maschinen in Echtzeit vernetzen. Diese Geschwindigkeit und auch anwachsende Komplexität können auf der anderen Seite zur Überforderung des Einzelnen führen. In dieser VUCA-Welt (steht für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) geht es darum, Veränderungen vorauszudenken und mit zeitgemäßen Ansätzen das Miteinander in Unternehmen neu zu definieren. Hier geht es aber nicht darum, alles von links nach rechts zu drehen, sondern genau zu schauen, wie ich in meiner Organisation aufgestellt sein muss, um das jeweilige Geschäftsmodell von heute ins morgen zu überführen.
Eine Schablone gibt es nicht
Wie müssen sich Strukturen verändern, damit wir zukunftsfähig sein können?
Die Veränderung von Strukturen in einem Unternehmen ist die wohl schwierigste Aufgabe im digitalen Wandel. Hier kommen Menschen, Werte, Organisationsstrukturen, Produktionsprozesse, Wertschöpfungsketten und Hierarchien zusammen, die über Jahre gewachsen sind. Und genau für diese Komplexität gibt es keine Veränderungsmaßnahmen, die als Blueprint für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens herangezogen werden können.
Wo früher Informationen über Märkte, Kundenbedürfnisse oder Prozesse jahrelange Gültigkeit hatten, können diese nun binnen weniger Tage nicht mehr zutreffend sein. Und um hier die Orientierung beizubehalten bedarf es einer Anpassung der Strukturen an die digitale Welt des 21. Jahrhunderts. Erfahrungen, Glaubenssätze und Paradigmen kommen auf den Prüfstand, da es nicht mehr den einen Weg oder das Führungsinstrument gibt. Individualität löst Standard ab.
Mindset für Veränderungen
Welche Fähigkeiten brauchen Mitarbeiter und wie bereiten wir diese idealerweise auf neue Aufgaben vor?
Ich würde es eher als Kompetenzen und weniger als Fähigkeiten benennen! Meiner Meinung nach sind vier Kompetenzen elementar für jeden einzelnen Menschen, um im 21. Jahrhundert beruflich sowie privat zurecht zu kommen. Die Innovationskraft, die Fähigkeit in Teams – mit Menschen und Maschinen – zu arbeiten, die Fähigkeit, digitale Strategien, Produkte und Geschäfte zu verstehen und die Veränderungsfähigkeit beziehungsweise das passende Mindset erachte ich als sehr wichtig. Wir können uns nur darauf vorbereiten, wenn wir uns mit der Zukunft und den Veränderungen aktiv auseinandersetzen und schauen, welche Auswirkungen die einzelnen Facetten auf mich ganz persönlich und mein berufliches Umfeld haben. Es wird unterschiedliche Arten der Arbeiter in der Zukunft geben, die nicht mehr rein aus Angestellten und Selbstständigen besteht. Zum einen werden durch Fachkräftemangel neue Arbeitsbereiche wie “Projektmitarbeiter“ entstehen, die die erhöhte Nachfrage nach Fachpersonal für sich nutzen und von Job zu Job springen. Auf der anderen Seite stehen weniger qualifizierte Arbeitskräfte vor der Herausforderung, in eine Art Bedeutungslosigkeit durch technologischen Fortschritt abzudriften. Daher sind jeweils unterschiedliche Ausprägungen und Kompetenzen für den einzelnen wichtig zu erlernen. Lebenslanges Lernen ist dabei ein grundlegender Baustein, denn den einen Job für das ganze Arbeitsleben wird es in den allermeisten Fällen nicht mehr geben. Zusammengefasst:
Selbstreflexion, Befähigen und Loslassen
Was können Führungskräfte dazu beitragen?
Führungskräften wird im Wandel eine wichtige Rolle zugewiesen, diese sich von der aktuellen stark unterscheidet. Es geht weniger darum, die Richtung und die Antworten zu liefern, sondern vielmehr darum, ein Team zu führen, es zu Leistungen zu befähigen und in letzter Instanz auch die Zügel los zu lassen. Eine passende Analogie ist die heutige Aufgabe eines Bundesliga-Trainers. Ein Trainer bekommt die Aufgaben des Vereins, das Budget sowie einen bestehenden Kader zugewiesen. Es liegt an ihm, die Potenziale im Team über Systeme, Werte und Training eigenständig und individuell zu heben. Ebenso hat der Trainer die Aufgabe, neue Mitspieler für bestimmte Positionen zu definieren und mit zu besetzten. Ein Trainer kann auf alles einwirken bis auf die entscheidenden 90 Minuten, dort ist er nur zum Teil handlungsfähig und muss auf die Fähigkeiten des Teams vertrauen. Was in diesem Vergleich so spielerisch und einfach wirkt, ist im operativen Geschäftsumfeld eine hohe Hürde, die es zu überqueren gilt.
Was können daher Führungskräfte direkt tun? Sie können sich einfach mal selbst hinterfragen und überlegen, ob Prozesse und Mitarbeiter in Zukunft anders aufgestellt werden müssen. Allein diese Selbstreflexion ist in den meisten Fällen noch nicht gegeben.