KPI zur Messung von Leistung: Wertschöpfung je Stunde

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- 11.Overall Equipment Effectiveness und Arbeitsproduktivität als Kennzahlen moderner Produktionsunternehmen
- 12.KPI zur Messung von Leistung: Wertschöpfung je Stunde
- 13.Zuschläge und Prämien: Darauf sollten Sie bei der Entgeltpolitik achten
Es braucht innovative Möglichkeiten der Leistungsmessung, insbesondere in Zeiten der Digitalisierung. Eckhard Eyer stellt in diesem Zusammenhang die Wertschöpfung je Arbeitsstunde vor. Erfahren Sie, was die Vorteile dieser Kennzahl ist und für welche Bereiche sie sich eignet.
Arbeitsproduktivität – ein Maßstab für die menschliche Leistung
Die Messung der menschlichen Leistung – die Arbeitsproduktivität – erfolgt aufgrund des Verhältnisses des Outputs zum Input. Der Output gemessen in verkaufsfähigen Einheiten (Gutstück) und der Input in der zur Erstellung des Outputs benötigten Zeit (Arbeitszeit). In dem Umfang, in dem die Wertströme optimiert und die Wertschöpfung erhöht wird, lösen sich eine Reihe von Unternehmen von der arbeitswirtschaftlichen Leistungskennzahl Arbeitsproduktivität basierend auf Menge und Zeit. Sie messen den Output aufgrund der ermittelten Wertschöpfung und dividieren diese durch die benötigte Arbeitszeit, um die Arbeitsproduktivität zu ermitteln. Die Kalibrierung – umgangssprachlich Eichung – von Leistung und Entgelt, zur Festlegung des Leistungsentgeltes, erfolgt gemeinsam durch Betriebsrat und Management.
Wertschöpfung in Produktion und Dienstleistung
Die Wertschöpfung je Arbeitsstunde ist eine hervorragende Leistungskennzahl zur Messung der menschlichen Leistung in der Produktion, wenn externe Faktoren wie zum Beispiel Preisschwankungen durch die Verwendung von Verrechnungspreisen ausgeklammert werden. Bei Dienstleistungen ist die Verwendung der Wertschöpfung je Arbeitsstunde differenziert zu betrachten, denn es gibt Dienstleistungen, die direkt proportional zur menschlichen Leistung sind und solche die nur bedingt von der menschlichen Leistung abhängen, weil sie davon (teilweise) entkoppelt sind. Als Beispiele kann man beispielhaft Reinigungsarbeiten und die Pflegetätigkeit in der stationären Altenpflege anführen.
Wertschöpfung als KPI in der Praxis
Zur Messung von Dienstleistungen, wie beispielsweise Reinigungsarbeiten, ist die Wertschöpfung ein guter Key Performance Indicator (KPI) für die menschliche Leistung. Betrachtet man hingegen die Dienstleistung in der stationären Altenpflege und stellt sich vor, dass aufgrund einer Grippewelle ein Teil der Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt und für sie aufgrund des Pflegenotstandes kein Ersatz zum Einsatz kommen kann, dann werden die Dienstleistungen auf das leistbare Maß reduziert. Diese Reduktion des Arbeitsumfangs mit dem – stillschweigenden, verständnisvollen oder auch zustimmenden – Einverständnis der Bewohner in der stationären Altenpflege beziehungsweise ihrer Angehörigen, führt nicht zu einer Reduktion der Heimentgelte und damit auch nicht der Wertschöpfung. Die aufgewendeten Arbeitsstunden sinken und damit steigt die Arbeitsproduktivität gemessen in Wertschöpfung je Arbeitsstunde. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität aufgrund zum Teil nicht erbrachter Dienstleistungen nutzen dem Unternehmen und – bei einer Wertschöpfungsprämie – auch den Mitarbeitern.
Die Praxis zeigt, dass Überprüfungen aufgrund der Qualitätsstandards durch Dritte, wie zum Beispiel interne Audits oder die Audits des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, diese Leistungsabweichungen nicht identifiziert werden können.
Gestaltung der Wertschöpfungsprämie
Bei der Gestaltung, insbesondere von freiwilligen übertariflichen Prämien, wird häufig mit dem win-win-Prinzip gearbeitet, bei dem Mitarbeiter und Unternehmen von der höheren Arbeitsproduktivität, der Wertschöpfung je Arbeitsstunde, profitieren. Im vorliegenden Fall kann es zu einer Allianz von Unternehmen und Mitarbeitern zu Lasten der Interessen der Kunden kommen. Es muss deshalb in der betrieblichen Praxis darauf geachtet werden, dass das win-win-Prinzip nicht zu Lasten der Bewohner und langfristig zu Lasten der Gesundheit der Mitarbeiter geht. Sie sollten die Möglichkeiten und Grenzen einer Arbeitsproduktivität auf Basis der Wertschöpfung deshalb stets prüfen. Außerdem sollte die Höhe der Leistungsprämien angemessen gestaltet beziehungsweise in der Höhe begrenzt sein.
Fazit: Nutzen und Grenzen der Wertschöpfung je Arbeitsstunde
Die aufgrund der „Wertschöpfung je Arbeitsstunde“ ermittelte Arbeitsproduktivität ist ein geeigneter Maßstab für die Messung der menschlichen Leistung in der Produktion und auch bei produktionsnahen und -ähnlichen Dienstleistungen. Die Arbeitsproduktivität stößt an ihre Grenzen, wenn die Wertschöpfung von der erbrachten Dienstleistung, der menschlichen Arbeit, entkoppelt wird und das Unternehmen eine Wertschöpfung erzielt, der keine angemessenen Dienstleistungen gegenüberstehen. Bei der Gestaltung des Leistungsentgeltes sind jeweils die Möglichkeiten und Grenzen der Wertschöpfung angemessen zu berücksichtigen.
Lean-Erfolgstools: Ausgewählte Methoden für Ihren Erfolg
Eckhard Eyer studierte Maschinenbau in Kaiserslautern und Betriebswirtschaftslehre in Mannheim. Nach Stationen in der Industrie arbeitete er von 1989 bis 1997 im Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (IfaA) in Köln, im Fachbereich Entgeltgestaltung. Eckhard Eyer ist Inhaber der Perspektive Eyer Consulting, Köln, mit dem Arbeitsschwerpunkt: Beratung bei der Gestaltung und Umsetzung von Führungs- und Entgeltsystemen, insbesondere von Leistungsentgeltsystemen.