Irrwege… Gedanken zur modernen Customer Journey in der Möbelbranche

Schon in unserem Artikel letzte Woche stellten wir fest: Mit Produkten wird der moderne Verbrauche heute immer und überall konfrontiert. Nicht nur eingleisig via Fernsehwerbung, sondern auch durch aktiveren Medienkonsum im Netz, in der Einkaufsstraße oder beim Gespräch mit Familie und Freunden.
Nur: Was bedeutet das für Produkte wie Möbel, Fernseher, Küchen und andere Güter, die nicht so einfach bestellt sind, wie ein neues USB-Kabel oder eine Pizza? Wir machen uns einige Gedanken zur modernen Customer Journey in der Möbelbranche.
Kaufmotive und Touchpoints
Stellen wir uns drei Szenarien vor, die allesamt so eintreten können.
Szenario:
Das Sofa ist in die Jahre gekommen und muss ersetzt werden. Kundin A hat keine Zeit ins Geschäft zu fahren und setzt sich an den PC. Sie geht mehr aus Gewohnheit denn zielgerichtet auf amazon.de und startet eine Suchanfrage. Tatsächlich bekommt sie über 700.000 Ergebnisse, die zu einem großen Teil auch passen. Nach einigen Vergleichen ihrer Favoriten nach Preisen und Bewertungen und einer Inspektion der Website des Händlers, auf den die Auswahl fällt, kauft sie das Stück einfach online. Schließlich räumt der Verkäufer ihr ein Rückgaberecht ein…

Szenario:
Klar, die Esszimmerstühle haben ihm einst gefallen, aber irgendwie ist es doch mal wieder Zeit für etwas Neues. Also macht sich Kunde B zu seinem Lieblingsmöbelmarkt auf. Das alte Set wurde ihm auch schon dort empfohlen und er war jahrelang sehr zufrieden damit. Überhaupt würde Kunde B würde niemals online kaufen!!! Er möchte sich selbst von der Qualität überzeugen, Probesitzen, die Farben begutachten… Doch plötzlich werden seine Gedanken unterbrochen, während er durch die Warenwelten Richtung Esszimmer-Abteilung schlendert. Aus dem Augenwinkel erblickt das Sofa. Sofort weiß Kunde B: Das muss ich haben!

Albert Ortig (Roomle) zum Thema Omnichannel. Er wird auch dieses Jahr zu Gast sein auf der Living & Home.
Szenario:
Beim Umzug kümmerte sich Kunde C erstmal um das Wichtigste: Der Internetvertrag ist bereits abgeschlossen und der PC aufgebaut. Allerdings sitzt er nun auf dem Boden. „Kein Problem“, denkt er sich und schaut erstmal auf Google. Es gibt zwei große Möbelmärkte und drei kleinere Geschäfte in der Nähe, sein Umzugswagen steht noch vor der Tür. Er ruft die Websites der Geschäfte auf und schaut sich zumindest auf den nutzerfreundlichen davon um. Bei einem kann er sogar prüfen, welche Waren verfügbar sind. Das gefällt ihm und er fährt direkt hin. Zuhause hat er sich schon ein, zwei Sofas in die engere Auswahl genommen. Ob eines davon das Sofa ist?
Im Geschäft angekommen ist Kunde C allerdings enttäuscht. „Hier findet sich ja keiner zurecht“, denkt er. „Haben die keine App für sowas?“ Ein längeres Gespräch mit dem Personal hilft ihm aber weiter und er trifft eine Entscheidung! Der weniger motivierte Verkäufer veranlasst ihn dazu, den Laden genervt zu verlassen. Dabei sah der Online-Shop so vielversprechend aus…

Neue Plattformen bringen komplexere Kaufszenarien
All diese Szenarien sind wahrscheinlich und es gibt noch viel mehr davon: Denn Fernsehwerbung, Zeitschriften und Plakate verschwinden ja durch die Digitalisierung nicht. Sie werden nur ergänzt durch unzählige weitere Touchpoints, die Kunden mit Produkten haben können. Es gibt zwischen der langen Recherche und dem Spontankauf viele denkbare Szenarien, wie Menschen zu Käufern werden. Und wie bei Kundin A und Kunde C gesehen, birgt das auch Unwägbarkeiten.
Kundin A illustriert nämlich: Käufer bewegen sich heute auf Wegen zu ihren Produkten, die man als Händler lange ignorieren konnte. Amazon, Google & Co sind Drittplattformen, nach deren „Regeln“ man sich richten sollte, wenn man gefunden werden möchte. Heute ist man also gezwungen, auf viel mehr Kanälen anzubieten, als früher.
Demgegenüber zeigt Kunde C: Nicht nur muss man auf vielen Kanälen präsent sein – es darf auch keiner davon vernachlässigt werden. Denn nicht jeder ist so treu wie Kunde B. Besonders Internetnutzer springen ab, wenn sie sich in einem Online-Shop nicht zurechtfinden. Aber Kunden verlassen auch Geschäfte, wenn der Service nicht stimmt.

Die moderne Customer Journey: Irrgarten oder Autobahn?
Die Herausforderung beim Einkauf heute ist: Kunden nutzen keinen linearen Weg mehr vom initialen Kaufwunsch bis zur Bezahlung. Aus einer moebel.de-Studie geht sogar hervor, dass über die Hälfte der Kunden sowohl Online- als auch Offline-Kanäle auf ihrer Reise zum Kauf nutzen.
Das bedeutet für Möbelhändler: Alle Kanäle müssen bespielt werden. Und alle Kanäle müssen hochwertig bespielt werden. Gerade bei vielen Innovationen im Commerce – man denke an Beacons, Chatbots, konstaktloses Bezahlen, Apps, personalisierte Online-Shops, VR und Augmented Reality, dazu noch mittlerweile „alte“ Hüte wie responsive Websites, Newsletter-Automatisierung und Shopsysteme, Suchmaschinenoptimierung, Social Media, neue Filialkonzepte und die vielen klassischen Varianten des Marketings – dann ist das eine riesige Herausforderung.
Denn all diese Kanäle sollten auch Ausdruck der Identität des Unternehmens sein, wie wir letzte Woche in unserem Artikel zum Storytelling besprochen haben. Keine leichte Aufgabe, alles in allem.