Erfolgreich sterben. Disruption & Innovation Culture am Beispiel von Nokia [Teil 1]
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- 1.Erfolgreich sterben. Disruption & Innovation Culture am Beispiel von Nokia [Teil 1]
- 2.Erfolgreich sterben. Disruption & Innovation Culture am Beispiel von Nokia [Teil 2]
- 3.Erfolgreich sterben. Disruption & Innovation Culture am Beispiel von Nokia [Teil 3]
- 4.10 Tipps, mit denen Sie eine innovative Unternehmenskultur schaffen
Schon bevor der Begriff „Disruption“ von Zeitungen zum Wirtschaftswort des Jahres erklärt wurde, war sicher: massive Umbrüche sind eine Herausforderung für jedes Unternehmen. Und gerade heute stellen Megatrends wie die Digitalisierung ganze Branchen auf den Kopf. Neue Formen der Kommunikation, Kooperation und Finanzierung machen es Start-ups und Quereinsteigern möglich, gute Ideen wie aus dem Nichts in Geschäftsmodelle zu verwandeln. Damit dringen sie in neue Märkte vor und stellen deren alte Player vor große Probleme. Denn diese sind gezwungen, sich schnell anzupassen – um nicht noch schneller obsolet zu werden.
Welche Faktoren braucht es, um als Unternehmen agil zu bleiben und in der neuen Wirtschaftslandschaft langfristig zu bestehen? Wir wollen untersuchen, wie Sie mit einer innovationsfreundlichen Unternehmenskultur disruptiven Umbrüchen begegnen können. Dazu ziehen wir das Beispiel Nokia heran. Die einstige Weltmarke scheiterte nach der Präsentation des iPhones in nur sechs Jahren an einem veränderten Markt und verschwand fast völlig von der Bildfläche.
Nokia: Der König eines stagnierenden Marktes
Blicken wir zurück auf das Jahr 2006. Vor gerade einmal zehn Jahren gab es noch keine Smartphones. Der Mobilfunkmarkt stagnierte hingegen auf einem hohen Niveau. Wettbewerb drehte sich um den besten Preis, während Produktinnovationen auf die Verbesserung von Displays, Kameras und Gerätegroße abzielten.
Unumstrittener Marktführer war damals das finnische Kultunternehmen Nokia. Der Konzern war König der Mobiltelefone und lange Zeit sehr gut darin, sich neu zu erfinden. Das ehemalige Sägewerk aus dem Jahr 1865 verkaufte Fahrräder, Gummistiefel und Autotelefone, bevor es sich zu einem Technologieunternehmen entwickelte. 1992 stellte es Geschäftsführer Jorma Ollila komplett neu auf, als durch die Rezession nach der Wende die Nachfrage zusammenbrach. Nokia ging im großen Stil zur Produktion von Mobiltelefonen über.
Nokia war in den Neunzigern äußerst innovativ: man arbeitete schon früh gemeinsam mit Größen wie Sony Ericsson, Motorola und Samsung an dem Betriebssystem Symbian und war überzeugt, dass Software den Mobilfunk revolutionieren könnte. Auch in anderen Bereichen war Nokia vorne mit dabei und brachte nicht zuletzt mit dem Nokia Communicator bereits 1996(!) ein Smartphone auf den Markt, das allerdings zu teuer und seiner Zeit noch voraus war.
Eine Viertelmilliarde Mal verkauft! Das Nokia 1110 ist bis heute das erfolgreichste Mobile Device aller Zeiten.
Nokia war von 1998 bis 2011 ununterbrochen Marktführer im Mobilfunkbereich. Und dennoch wurde 2007 sein Ende besiegelt, als Apple das iPhone auf den Markt brachte.
Selbst heute: wer kennt ihn nicht? Der Klingelton ist eine Erinnerung an Nokias Kultstatus.
Disruptive Innovation am Beispiel des iPhone
Zwar hat Apple das Smartphone nicht erfunden, aber der Konzern brachte es erfolgreich auf den Markt. Apple nutzte die Kompetenzen aus seinem Kerngeschäft, um ein Produkt zu präsentieren, welches Giganten wie Motorola und Nokia nicht entwickeln konnten. Es war mit einem Betriebssystem ausgestattet, das sich aus Apples Erfahrung mit Desktop PCs speiste und hatte einen kapazitiven Touchscreen, der die Bedienfreundlichkeit vom Rest der Mobiltelefone abhob. Das Zusammenspiel der einzelnen Features eröffnete den Käufern neue Möglichkeiten, die traditionelle Mobiltelefone nicht boten. Das erste iPhone verkaufte sich bereits 6 Millionen Mal, die weiteren Verkaufszahlen sprechen für sich.
Die alten Branchenakteure waren nicht wendig genug, sich für diesen Schock aufzustellen – und neben Nokia verschwand auch Motorola vom Markt.
Von der Weltmarke in die Bedeutungslosigkeit
Nachdem das iPhone sowie ein Jahr später das erste Android Phone auf den Markt kamen, konnte Nokia nie wieder richtig den Anschluss finden. Trotz eines riesigen F&E-Budgets kämpften die Finnen bis zum Ende mit Betriebssystemen und Gerätequalität, probierten sich an Symbian (das eigentlich besser für Tastaturhandys geeignet war) an Android und schließlich an Windows, als sie mit Microsoft kooperierten.
Dennoch stürzten Nokias Marktanteile von 2007 bis 2012 von ungefähr 50 auf 3,5 Prozent. In nur sechs Jahren wurde die fünftwertvollste Marke der Welt so obsolet, dass ihre Handysparte 2013 schließlich von Microsoft übernommen wurde. Und nachdem selbst die Windows Phones keinen Erfolg hatten, war auch die Marke Nokia Ende 2014 Geschichte.

Bleibt die Frage: Wie konnte das passieren? Aus welchem Grund konnte ein Weltkonzern, der in den Neunzigern noch an der Spitze der innovativen Unternehmen stand, durch eine einzige Produktinnovation so ins Wanken geraten?
Die Antwort liegt nicht in externen Faktoren begraben, sondern intern, in Nokias Unternehmenskultur. Wir gehen ihr im nächsten Teil des Artikels auf den Grund.