Entwicklung neuer Dienstleistungen im Maschinen- und Anlagenbau

Durch die zunehmende Einbettung klassischer Produkt-Service-Systeme in digitale Geschäftsmodelle ergeben sich vielfältige Chancen und Potenziale für den Maschinen- und Anlagenbau. Erfahren Sie von unserem Experten Tobias Heger, wie man bei der Suche nach neuen Geschäftsmodellen vorgeht und auf welche Sichtweise es dabei ankommt.
Tobias Heger ist Product Manager Service bei der Dräger Safety AG & Co. KGaA in Lübeck. Seit 2016 ist er hier für die produktbegleitende Dienstleistungsentwicklung und Betreuung des aktuellen Serviceportfolios verantwortlich. Der studierte Wirtschaftsingenieur war vorher bei der KraussMaffei Berstorff GmbH in Hannover als Projektingenieur und Gruppenleiter im After-Sales-Service tätig. Zu Tobias Hegers Verantwortungsbereich gehörten neben der Strategieentwicklung und der operativen Umsetzung im technischen Kundendienst, die Gruppenleitung im Ersatzteilwesen.
Von Prozessoptimierung und datenbasierten Beratungsleistungen über verschiedene präventive und intelligente Wartungs- und Instandhaltungsdienstleistungen bis hin zu völlig neuen, bisher unbekannten Leistungsangeboten ist viele möglich. Funktionale Leistungsbündelung und die zunehmende Vernetzung technischer Systeme bilden hierbei die Basis für zukünftige Wachstumsperspektiven. Deren Erschließung erfordert allerdings eine vollkommen neue Ausrichtung der Produkt- und Leistungspolitik am Kundennutzen.
Dienstleistungsbereich: Noch Luft nach oben
Demgegenüber ist der klassische Produktservice für Industrie- und Investitionsgüter oftmals noch getrieben von der technischen Notwendigkeit produktbegleitende Dienstleistungen wie Wartung, Reparatur, Schulungen und Ersatzteile anzubieten. Mehrheitlich wurde erkannt, dass in Anbetracht der digitalen Möglichkeiten gerade im Dienstleistungsbereich nachhaltige Wachstumspotenziale bestehen und es wurde begonnen das bestehende Portfolio um weitere Leistungsangebote zu erweitern. Entwicklungs- und Markteinführungsprozesse sind jedoch oftmals nur unzureichend am Kundennutzen und gesamtunternehmerischen Interessen ausgerichtet.
Weitergehende Ansätze des Innovationsmanagements werden vielfach nicht zielgerichtet eingesetzt, wodurch vor allem mögliche Potenziale, die über eine Erfüllung des Kernnutzens hinausgehen, nicht genutzt werden. Darüber hinaus sind zahlreiche Technologie- und Plattformentscheidungen zu treffen, die eine strategische Auseinandersetzung erfordern. Der sich vollziehende Wandel vom technischen zum integrativen Lösungsanbieter mit zunehmenden Softwareanteilen ist für das gesamte Unternehmen von zentraler Bedeutung. Innerhalb der Organisation ist ein Bindeglied von der technischen Funktions- und Leistungsbetrachtung zu einem kundennutzenorientierten Produkt- und Dienstleistungsportfolio zu schaffen. Das sollte zum einen eine wertbasierte Positionierung am Markt ermöglichen als auch die heute notwendige Skalierbarkeit und Agilität aufweisen.
So sollten Sie bei der Suche neuer Strategien vorgehen
Generell bergen aber nicht nur disruptive und revolutionäre Innovationen das Potential ein bestehendes Geschäftsmodell tiefgreifend zu verändern. Gerade im Dienstleistungsbereich sind es oftmals nur kleine Erhöhungen des Kundennutzens, die zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und damit zu einer dauerhaften Erlössteigerung führen. Hier gilt es sämtliche Innovationsfelder im Blick zu behalten und geeignete Maßnahmen und Produkte für die verschieden Aktionsfelder abzuleiten.
Beginnen Sie zunächst mit einer Analyse ihres aktuellen Geschäftsmodells. Beziehen Sie dabei sowohl externe und interne Umweltfaktoren ein. Eine umfassende Analyse der installierten Basis ist ein wichtiger Bestandteil und hilft dabei bestehende Geschäftsmechaniken und Potenziale zu ermitteln. Diese sollte aber keinen limitierenden Faktor bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen und Serviceangebote darstellen.
Innovationen betrachten und bewerten
Danach sollte sich eine systematische und umfassende Betrachtung aller Innovationsfelder anschließen, um die richtigen Schwerpunkte zu definieren und geeignete strategische Stoßrichtungen zu bestimmen. In einer darauffolgenden Ideengenerierungs- und Bewertungsphase werden innerhalb kurzer Zeit verschiedenste Geschäftsmodellinnovationen erarbeitet und grob skizziert. Hierbei ist nicht primär der Neuheitsgrad entscheidend, sondern auch eine imitative und ableitende Herangehensweise führt oftmals zu guten Ergebnissen. Mögliche Innovationsideen sind sowohl aus Kundensicht als auch aus Daten- und Prozesssicht zu bewerten. Das oftmals schon reflexartig herangezogene Gegenargument, dass zum Beispiel branchenfremde Geschäftsmodelle nicht auf die Situation im Maschinen- und Anlagenbau mit seinem hohen Anteil an Projektgeschäft und kundenindividuellen Sonderlösungen übertragbar sind, sollte aber erst einmal außen vorbleiben.
Mit Hilfe von Methoden des Produkt- und Portfoliomanagements sowie agiler Entwicklungsprozesse geht es dann in die Umsetzung und Markteinführung. Erfolgskritisch ist ein zielorientierter Entwicklungsauftrag, der einerseits auf einer klaren Roadmap basiert aber gleichzeitig die notwendigen Freiheitsgrade zur kreativen Entfaltung aufweist und eine flexible Reaktion auf Kundenfeedback ermöglicht. Gerade letzteres gilt es in hohem Maße einzuholen und zu berücksichtigen.
Gerade neuartige digitale Services sollten durch die Einführung pragmatischer und leicht umzusetzender Supportprozesse mit einem definierten Service Level begleitet werden. Das ist nötig, um die neue Dienstleistung ständig zu optimieren um diese auch langfristig zum Erfolg zu führen.
Für alle Phasen gilt, dass hierbei die Wertschöpfung des Kunden und nicht die eigenen Produkte im Fokus stehen.