Innovationshindernisse, Energie-Startups und Ideen für die Energiebranche

Innovationshindernisse in der Energiebranche
Die Energiebranche sei eine der durchreguliertesten Branchen in Deutschland, sagte uns einer der Teilnehmer am Energy Leaders Kongress im Frühjahr. Da sei es manchmal gar nicht so einfach innovativ zu sein und das behindere den Wettbewerb. Und in der Tat, wenn man sich andere Wirtschaftsbereiche wie beispielsweise die Finanzbranche anschaut, scheinen Startups, Quereinsteiger und Ideen, die sich scheinbar aus dem Blauen heraus entwickeln, viel höhere Wellen zu schlagen (oder zumindest prominenter zu sein) als in der Energiebranche. Gleichzeitig erfreuen sich unsere Seminare zum Energierecht regelmäßig großer Nachfrage, was ebenfalls auf ein Problem hindeutet.
In der Tat ist es nicht einfach, sich einen Überblick über die verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen alleine des Stromverkaufs bzw. der Einspeisung, die Auswirkungen der verschiedenen Rechtsformen eines Unternehmens auf die Steuerpflichten oder über die Frage, welche Geschäftsmodelle überhaupt erlaubt sind, zu verschaffen. Während es also im Finanzbereich, in dem viele Vorschriften für Quereinsteiger nicht gelten, vergleichsweise einfach ist, mit ein paar wenigen guten Programmierern und einer interessanten Geschäftsidee Fuß zu fassen, bestehen auf dem klassischen Energiemarkt gerade für kleine Unternehmen oder „Menschen mit einer Idee“ durchaus Hindernisse. Hinzu kommt noch, dass nicht jeder das Kapital hat, einfach in einen Windpark zu investieren, weshalb die Quereinsteiger in der Branche häufiger große Technologieunternehmen wie Google oder Unternehmen mit vielen Standorten und guten logistischen Voraussetzungen, wie beispielsweise aus der Handelsbranche sind.
Einige Beispiele für Energie-Startups und was wir von ihnen lernen können
Dennoch: Wenn man „outside the box“ denkt, wie der Amerikaner sagen würde, lassen sich auch (eigentlich gerade) für einen technologiegetriebenen Sektor wie die Energiebranche viele spannende Innovationen erdenken. Vor einigen Jahren hat die Wirtschaftswoche in einem langen Artikel über insgesamt 30 Energie-Startups mit genialen Ideen berichtet. Nicht alle davon dürften es bis heute geschafft haben, aber die Ideen des Artikels erzählen eine Geschichte.
Wir hören dort von Phytolutions, einem Bremer Unternehmen, das Meeresalgen züchtet, um daraus Biokraftstoff zu gewinnen. Das bayrische Unternehmen Agnion wandelt Holzabfälle zu Biogas für Strom und Wärme um. Und das Brandenburger Startup SunCoal erzeugt aus Biomasse CO2-neutrale Braunkohle.
Das Kölner Unternehmen Enbreeze stellt Kleinwindräder für Haushalte her, Compact Power Motors verkauft winzige, aber unheimlich leistungsstarke Antriebe für Kleinfahrzeuge und Generatoren und Smart Hydro Power, dessen Geschäftsführer Karl Reinhard Kolmsee kürzlich einen Gastbeitrag bei uns veröffentlichte, baut transportable Miniwasserkraftwerke.
Das Startup Greenpocket verkaufte schon damals intelligente Stromzähler zur Echtzeitmessung von Verbrauchsdaten, Next Kraftwerke vernetzt Stromerzeuger mit unterschiedlichen Erzeugungsquellen zu virtuellen Kraftwerken und Tetraeder Solar kann mit Katasterdaten und 3D-Scans für jedes Dach einer Stadt das Potenzial einer Photovoltaikanlage prognostizieren.
Innovationen außerhalb der Box
Was wir aus der Geschichte lernen ist etwas, das auch in anderen Branchen, gerade in Verbindung mit der Digitialisierung zu beobachten ist: Neue Ideen führen zu einer Evolution der Möglichkeiten. Es werden neue Möglicheiten erforscht, Energie und Brennstoffe zu gewinnen. Bestehende Technologien werden verbessert, effizienter gemacht und neue Anwendungsmöglichkeiten für sie gefunden. Die Tendenz zu kleineren Anlagen und Geräten sowie die Chancen ihrer Vernetzung über Digitalisierung und künstliche Intelligenz ebnen den Weg zu Geschäftsmodellen, die auf Dezentralität, Einbeziehung der Kunden und die Nutzung von Big Data setzen.

Was bringt das der Energiebranche – zum Beispiel den EVU?
Nun ist die Frage, welche Vorteile Energieversorgungsunternehmen daraus ziehen können, dass es tatsächlich doch einige Startups gibt, die in der Branche für frischen Wind sorgen. Auch hier lässt sich, wie eingangs, einen Parallele zur Finanzbranche ziehen. Denn auch dort ist es nicht ganz einfach für die FinTech-Startups mit ihren neuen Bezahltechnologien oder Anlage-Apps zu dem zu werden, was derzeit den Kern der Branche ausmacht: Nämlich zu einer Bank. Bisher gelingt es nur ganz wenigen, eine Banklizenz zu erwerben, weshalb manche Kernbereiche des Geschäfts vor ihnen noch „sicher“ sind.
Von der Reaktion der Banken darauf sollten sich Energieversorger eine Scheibe abschneiden.
Denn die Banken nutzen ihre Sonderstellung immer häufiger als Vorteil, indem sie ihre neuen Wettbewerber zu Kooperationspartnern machen. FinTechs mit interessanten Geschäftsmodellen werden unterstützt, vorangetrieben und schließlich vielleicht sogar gekauft, um die fehlende interne Expertise im Umgang mit Digitalisierung und Big Data zu kompensieren.
Eine ähnliche Ansicht vertrat auf dem Energy Leaders Forum Dr. Marie-Luise Wolff-Hertwig vom innovativen Energieversorger Entega. Dort ist man sich der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens durchaus bewusst und ist daher einerseits bemüht, eine bessere Datenkompetenz intern aufzubauen, andererseits scheut man sich aber auch nicht, mit externen Partnern zusammenzuarbeiten. Mehr zu der Herangehensweise erfahren Sie in unserem White Paper „Digitale Energieunternehmen“