Mit e-Invoicing den Closed-Loop für die Buchhaltung schaffen

Die Digitalisierung macht auch vor der Finanzbuchhaltung keinen Halt. Im Gegenteil! Genau dort, wo wiederkehrende Routinearbeiten an der Tagesordnung sind, kann die Automatisierung Ihre ganzen Trümpfe ausspielen. Wie das funktioniert, erläutert Lumir Boureanu, CEO der compacer GmbH in diesem Interview.
Lumir Boureanu ist CEO der compacer GmbH in Gärtringen (ein Tochterunternehmen der eurodata-Gruppe), die sich auf die Integration und Automatisierung geschäftskritischer Prozesse spezialisiert hat.
Als studierter Informatiker, Wirtschaftsinformatiker und MBA lebt er am Puls der Zeit und entwickelt neue Ideen, Visionen und Strategien in Verbindung mit digitalen Geschäftsmodellen der Zukunft. Dazu gehören auch die Etablierung neuer Plattformtechnologien und der Aufbau von Ecosystemen. Seine Leidenschaft für Architecting, Implementierung und Verbesserung kritischer Business-Prozesse bildet eine stabile Grundlage für jedes Digitalisierungsprojekt.
Was genau ist eine e-Rechnung?
Oftmals höre ich, dass Unternehmen sagen, dass sie bereits e-Invoicing machen. Damit meinen sie, dass sie Rechnungen per E-Mail im PDF-Format erhalten. Das ist zwar schon fortschrittlich, aber noch kein e-Invoicing. Eine e-Rechnung ist im Gegensatz zur Papier- oder PDF-Rechnung ein Dokument, das in einem strukturierten, elektronischen Format ausgestellt, übertragen und empfangen wird, so dass die automatisierte und elektronische Verarbeitung möglich ist. So definiert es die Europäische Richtlinie 204/55/EU. Aus technischer Sicht ist der Begriff der elektronischen Rechnung leider nicht so eindeutig und bringt auch viel Interpretationsspielraum mit sich. Der Fokus liegt vor allem auf dem Mehrwert, der durch die elektronische Weiterverarbeitung entsteht: Hierdurch reduzieren sich manuelle Fehler sowie der Zeit- und Kostenaufwand.
Wo stehen Unternehmen beim Thema e-Invoicing?
Das ist ganz unterschiedlich und kann stark variieren. In vielen Unternehmen gibt es noch immer den klassischen Papierweg, aber auch das Format von Excel-Tabellen bei z.B. Spesenabrechnungen, Scans von Belegen oder PDF Rechnungen. Einige Unternehmen haben Teile ihres Rechnungsprozesses bereits automatisiert, so etwa den Rechnungseingang inklusive der automatisierten Prüfung. Das letzte Puzzleteil zur automatischen Dunkelbuchung fehlt allerdings noch oft. In der Regel werden Rechnungen heute von Portalen abgeholt oder als PDF im unstrukturierten Datenaustausch bereitgestellt.
Was hält Unternehmen vor der Einführung eines elektronischen Rechnungsprozesses ab?
Ich beobachte seit längerem, dass Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung oft nur das große Ganze, sprich das Endergebnis betrachten. Das hemmt sie natürlich, denn mit dieser Betrachtungsweise sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. So wird die Digitalisierung zur Mammutaufgabe! Gerade die täglichen Routinearbeiten, die kleinen Teilschritte, aus denen sich das große Ganze ergibt und die sich schnell automatisieren lassen, gehen dabei unter. Ich empfehle deshalb zunächst mit einem Kernprozess, wie z.B. der Prüfung des Rechnungseingangs zu starten und dann sukzessive eine Erweiterung vorzunehmen. Nur so lassen sich Quick Wins erzielen und Mehrwerte schaffen. Das wiederum ist eine gute Entscheidungsgrundlage für die Geschäfts- oder Abteilungsleitung.
Hinzu kommt, dass das Thema Digitalisierung im Allgemeinen schon lange keine reine IT-Aufgabe mehr ist. Einzelne Abteilungen und Unternehmensbereiche werden mit in die Verantwortung genommen, was neben dem Tagesgeschäft nicht immer eine leichte Aufgabe ist! Hier ist es wichtig, sich vorab zu informieren, gut beraten zu lassen und einen Experten an der Hand zu haben, der sich mit dem Thema auskennt.
Wie lassen sich für Quick Wins erzielen?
Im Grunde finden sich Ansatzpunkte immer dort, wo Zentralisierungen stattfinden. Wir sehen bei unseren Kunden großes Potenzial, beispielsweise wenn Rechnungen an einer Stelle zentral zusammengefasst werden – dort, wo sie zugeordnet oder sachliche Freigaben erteilt werden müssen. Das trifft auch auf Mitarbeiter zu, die manuelle Vorarbeit, etwa durch Vorprüfungen, leisten müssen. Aber auch dort, wo Daten an die Finanzbuchhaltung in das jeweilige System übermittelt werden und letztendlich eine sichere Archivierung gewährleistet sein muss. Die Automatisierung in diesen Bereichen schafft bereits große Klarheit und Transparenz. Erste Potentiale können ausgeschöpft werden!
Was bedeutet Closed-Loop?
Im Zusammenhang mit der e-Rechnung bzw. der Digitalisierung von Buchhaltungsprozessen, bedeutet es die Schaffung eines geschlossenen Systems, in dem jederzeit Transparenz herrscht. Teile des operativen Geschäfts und die dazugehörigen Geschäftsprozesse sollten mit der Administration in der Buchhaltung verbunden und integriert werden. Ich würde sogar noch ein Stück weitergehen und Abteilungen, die mit dem Thema Rechnungen zu tun haben, wie den Einkauf, die Produktion, das Marketing, den Service und viele weitere einbinden. Konkret heißt das, die Etablierung eines automatisierten und durchgängigen Prozesses. Dazu gehören auf der Rechnungseingangsseite: Bestellung, Lieferung, Abgleich des Wareneingangs, Rechnungsprüfung, Freigabe und automatisierter Buchung sowie Zahlung und sicherer Archivierung. Beim Rechnungsausgang gehört hier die Rechnungserstellung, Versendung sowie die Bezahlung dazu.
Wie lange dauert die Einführung eines automatisierten Rechnungsprozesses?
Das kommt natürlich ganz drauf an, wie umfänglich das große Ganze und damit das Digitalisierungsprojekt zur Buchhaltung 4.0 im Unternehmen aussieht. Sprechen wir von den vorher erwähnten Quick Wins, so können bereits nach vorheriger Absprache mit dem Kunden bereits kleine Teilschritte, wie z.B. die Integration in die Finanzbuchhaltung nach 5-7 Tagen erfolgen.
Der Go-live von größeren Standard- oder Individualprozessen dauert in der Regel 10 – 12 Wochen.