Disruption auf einen Blick: 10 Fragen und Antworten zum Thema!

Der Disruption sind wir schon in vielen Beiträgen und WhitePaper nachgegangen. Und doch ist noch nicht alles zu diesem Thema gesagt. Wir haben Ingmar P. Brunken 10 brennende Fragen zu diesem Thema gestellt. Lassen Sie sich überraschen von den Antworten in unserem Blitzinterview!
Ingmar P. Brunken ist seit 2010 Geschäftsführer und Inhaber der Unternehmensberatung Brunken Consulting in Bonn. Zuvor war er als Director zwei Jahre leitender Unternehmensberater bei Simon, Kucher & Partners tätig. Als Leiter der Kompetenzgruppe Pricing war Ingmar P. Brunken zudem zehn Jahre in der strategischen Unternehmensberatung bei Roland Berger Strategy Consultants im Competence Center „Marketing & Sales“ tätig
Außerdem hat Herr Brunken zahlreiche Publikationen unter anderem beim Harvard Business Manager und im manager magazin veröffentlicht und ist als Leiter von Kongressen und Seminaren tätig.
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Warum müssen Unternehmen jetzt handeln und sich transformieren?
Ganz einfach aus drei Gründen: Um
a) Ihre Prozesse der Veränderungsgeschwindigkeit im Markt anzupassen (Flexibilisierung).
b) Ihre Prozesse auf neue Kommunikations- und Leistungskanäle einzustellen (Virtualisierung).
c) Ihre Produkte und Leistungen mit digitalen Komponenten anzureichern (Wert-Transformation).
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Welche Branche ist Ihrer Meinung nach am stärksten von der Digitalisierung und der daraus resultierenden Disruption betroffen?
Vor allem die Service-Branche, aber auch „alte“ Branchen sind davon zunehmend betroffen. Denn diese müssen sich nun zu Service-Branchen transformieren. Nehmen Sie die Buchindustrie, diese müssen nun eBooks produzieren oder die Musikindustrie, die sich vermehrt auf das Streaming konzentriert. Relativ neu ist bei dieser Entwicklung auch der Beratungssektor, der immer häufiger auf eLearning-Methoden setzt.

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Gibt es eine Branche, und sei sie auch nur so winzig klein, die verschont wird?
Kurz und knackig: Nein!
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Wie würden Sie „Disruption“ in nur einem Satz definieren?
Disruption ist eine Veränderung der Marktspielregeln durch Innovation, häufig als Ergebnis neuer Geschäftsmodelle.
Disruption: Kennenlernen und Verstehen
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Was hat Sie selbst am meisten an der Disruption der vielen Branchen überrascht?
Die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der auch (Ex-)Blockbuster von der Bildfläche verschwinden, wenn disruptive Innovationen aufkommen. Man nehme hier beispielsweise das Verschwinden von Nokia aus dem Smartphone-Markt innerhalb von nur ein bis zwei Jahren.
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Welches Unternehmen ist für Sie der stärkste Disruptor? Wen sollten wir uns alle als Vorbild nehmen?
Kleine Start-Ups. Große Unternehmen tun sich allgemein schwer mit disruptiven Veränderungen, weil ihre bestehenden Strukturen verändert werden müssten. Eine Anpassung an disruptive Veränderungen erfordert schnelle Navigation, das können aber nur kleine Schiffe. Große „Supertanker“ haben da aus Prinzip ihre Schwierigkeiten. Das gilt sogar dann, wenn nahezu grenzenlose Ressourcen verfügbar sind und auch die Einsicht da ist, wie bei Apple oder Google. Wir sollten uns also kleine, erfolgreiche Startups als Beispiel nehmen.
Großunternehmen täten gut daran, aus diesem Beispiel zu lernen und sich in kleine, unabhängige Geschäftseinheiten zu organisieren. Google hat das meiner Meinung nach mit der Aufspaltung ein wenig halbherzig versucht.
Rückblick Disrupt 2016
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Und welches Vorbild aus traditionellen Unternehmen können Sie uns nennen?
Eindeutig die OTTO Group. Das ist ein gutes Beispiel, das zeigt, wie ein sehr traditioneller Versandhändler in einem umbrechenden Markt die Oberhand behalten hat. Die Wettbewerber Quelle und Neckermann sind dagegen verzwergt.
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Sind Facebook, Google und Amazon sicher oder können auch Sie disrupted/disruptiert werden?
Das ist bereits passiert: Frühere Marktführer bei Suchmaschinen waren Altavista und Yahoo. Sie wurden von Google „disrupted“. Also ist auch Google heute gefährdet.
Außerdem könnte Google durch die aufkommende VR (virtuelle Realität) in Schwierigkeiten kommen, da (teilweise branchenfremde) Wettbewerber wie HTC, Oculus/Facebook und Sony bereits die Nase vorn haben. Die Virtual Reality könnte das gesamte Internet „disrupten“ – genauer lässt sich das aber erst in den kommenden ein bis zwei Jahren sagen.
Auch Apple ist in einer kritischen Situation und nur noch erfolgreich, weil der Hauptwettbewerber Samsung massive Qualitätsprobleme hat. Der Aufstieg eines chinesischen Wettbewerbers wie „OnePlus“ ist ein Alarmsignal für Apple und Samsung.
Credo: Niemand ist jemals vor Disruption sicher. Wer sich nicht verändert, wird mittelfristig verzwergen.
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Viele Bahnfahrer stellen sich – vor allem bei Verspätungen oder Zugausfällen –die Frage, ob die Deutsche Bahn auch schon von der Disruption gehört hat. Was denken Sie, kann ein solches Unternehmen überhaupt von der Bildfläche verschwinden?
Nein, kann es (absehbar) nicht. Aber es kann Marktanteile verlieren und Profitabilität einbüßen. Die Gefahr bei Disruption ist „Verzwergung“ bis zur Bedeutungslosigkeit. Beispiele sind
- Kodak/Agfa bei Fotografie (im Gegensatz zu Fuji).
- Quelle/Neckermann im Versandhandel (im Gegensatz zu Otto)
- Nokia/Siemens/Motorola bei Mobiltelefonen (im Gegensatz zu Samsung).
- Altavista/Yahoo bei Suchmaschinen (im Gegensatz zu Google).
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Blockchain, Künstliche Intelligenz oder Chatbots. Diese Buzzwords sind jeden Tag in den Medien. Welche Technologie wird Ihrer Meinung nach unsere Zukunft am meisten prägen?
Aus Ihrer Aufzählung auf absehbare Zeit von zwei Jahren nur: Chatbots.
Künstliche Intelligenz ist ein Wunschtraum ohne Realitätsnachweis. Die IT kann heute ja noch nicht einmal Texte korrekt übersetzen. Etwas anderes sind Expertensysteme wie bei der Navigation. Diese werden weiter an Bedeutung gewinnen. Sie sind aber nicht „intelligent“, sondern einfach nur komplexere Schema-Verarbeiter. Die Technik übersieht hier, dass das Konzept der „Intelligenz“ beim Menschen noch nicht einmal verstanden ist. Es ist doch höchst gewagt, etwas nachbauen zu wollen, was man noch nicht einmal verstanden hat.
Blockchain hat für B2C kaum Bedeutung, außer vielleicht bei der virtuellen Währung Bitcoin. Das sehe ich aber mittelfristig nicht als relevant an, da dazu die gesellschaftliche Akzeptanz fehlt. Bitcoins werden schon jetzt mit dem Darknet und mit kriminellen Handlungen assoziiert.
Blockchain: Kennenlernen und Verstehen
Stattdessen sehe ich die Robotik inklusive Drohnen – was ja kleine Flugroboter sind – als wesentlichen Impuls für die nähere Zukunft an.
Zusammenfassend könnte man sagen: Der Megatrend in ein bis zwei Jahren: Chatbots. Der Megatrend in fünf bis zehn Robotik und Drohnen.
Ein weiterer Megatrend für ein bis zwei Jahren: VR. Microsoft wird mit der Hololens kommen und die Augmented Reality damit salonfähig machen. Ein „VR-Internet“ ist im Entstehen. Das wird spannend!
Studiere an der FOM in Hamburg „Wirtschaft und Digitalisierung“ im zweiten Semester und freue mich über weitere spannende Themen im Bereich distruptive technologiegetriebene Geschäftsmodelle.