Digitalisierung und Qualitätsmanagement – das sollten Sie wissen

Die Digitalisierung bietet viele Chancen das Qualitätsmanagement (QM) zu vereinfachen und attraktiver für die Beschäftigten zu gestalten. Außerdem gilt es den veränderten Anforderungen der „internen QM-Kunden“ und den neuen technischen Möglichkeiten Rechnung zu tragen und Qualitätsmanagement zu modernisieren. Wie das gelingen kann, darüber schreibt in diesem Gastbeitrag QM-Experte Matthias Lehrke.
Über den Autor:
Matthias Lehrke arbeitet seit 1994 am Aufbau sowie der Umsetzung und Verbesserung von Prozessmanagement- und Kennzahlensystemen. Er leitete als Obmann der DGQ – Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. die Arbeitskreise Kennzahlen, Benchmarking und Prozessmanagement. Matthias Lehrke ist Geschäftsführer des Lehrke Verlags und unterstützt als externer Experte zahleiche Produktions- und Dienstleistungsunternehmen bei der fortlaufenden Verbesserung ihrer Prozesse.
Qualitätsmanagement – Anforderungen und Möglichkeiten durch die Digitalisierung
Zu den Anforderungen und Möglichkeiten gehören folgende Punkte:
- Kommunikation wird digitaler und noch schneller (Prozessdarstellungen mit aktuellen Zielen und Kommentarmöglichkeiten).
- Ausbau mobiler Medien (QM-Vorgaben auf dem Smartphone lesen).
- Lebendige QM-Dokumente (Podcast, Kommentare, Blogs, Twitter, Links, …) werden erwartet.
- Agile Techniken und Methoden steigen an (zum Beispiel SCRUM und Design Thinking).
- Produkte und Wertschöpfungsketten ändern sich!
- QM ist auch gefordert, einen Beitrag zur Digitalisierung beizusteuern (Wie kann Qualitätsmanagement bei der Digitalisierung unterstützen?).
- Jobs und QM verändern sich (Wer ist die Qualität der Daten?).
- Workflows und KI erleichtern QM die Arbeit (Dokumentenlenkung, Aktivitätenübersichten, Reklamationen im Team bearbeiten, …).
Die Möglichkeit Vorgaben zu kommentieren (wie bei Wikipedia üblich), Informationen per Videos verständlicher zu erstellen und schnell zu verteilen, Formulare direkt am Smartphone oder Tablet auszufüllen – all dieses wird auch von QM gewünscht.
Auch die Einstufung von Dokumenten zum Beispiel in Arbeits-, Verfahrens- oder Prüfanweisung ist nicht mehr erforderlich, wenn alle Vorgaben in einer Anwendung wie Confluence oder Q-Wiki erstellt werden. Die Einstufung bietet für die vielen QM-Kunden keinen großen Mehrwert und ein Wegfall erhöht die Verständlichkeit des QM-Systems.
Diese Programme bieten auch die Möglichkeit eines Freigabeworkflows mit automatischer Versionsverwaltung und -historie. Zudem können auch Protokolle, Aktivitäten, Managementbewertungen und Ziele in diesen Programmen erstellt werden.
Diese neuen Entwicklungen sollten Sie kennen
Hilfreiche Tools und Apps für digitales Qualitätsmanagement
Weiterhin ändert sich gerade in vielen Unternehmen die Art der Zusammenarbeit und Information. Excelllisten, die Aktivitäten und Korrekturmaßnahmen verwalten, können durch Tools wie Asana, Trello, Meistertask oder Jira abgelöst werden. Diese Tools erhöhen die Übersicht und erleichtern die Planung, Überwachung und Rückmeldung von Aktivitäten über alle Bereiche eines Unternehmens.
Interne Audits oder Betriebsbegehung mit Checklisten und Stift können sehr leicht durch Apps (zum Beispiel Q-Ches, Miratag, Awenko, QM4FOOD) für Smartphones oder Tablets abgelöst werden. 20 bis 30 Prozent der Zeit können dadurch eingespart werden. Fotos werden automatisch den Themen zugeordnet, statt separat abgespeichert werden zu müssen. Auch auf Dokumente, ältere Auditberichte oder Maßnahmen kann so leichter während eines Audits zugriffen werden. Eine weitere Arbeitserleichterung ist das Einsprechen von Anmerkungen während eines Audits zu dem gerade behandelten Thema.
Qualitätsmanagement unterstützt bei der Einschätzung von Digitalisierungschancen
Bei der Ermittlung von Digitalisierungschancen in den Prozessen – auch in den typischen QM-Prozessen – kann QM methodisch gut unterstützen:
- Welche Tätigkeiten werden nicht mehr benötigt (zum Beispiel Ausdrucke von Dokumenten im Rahmen der Freigabe oder manuelles Sortieren von Belegen)?
- Welche Tätigkeiten wären schneller (Freigaben)?
- Welche Tätigkeiten wären sicherer oder besser?
- Welche Tätigkeiten können leichter durch andere Funktionen übernommen werden?
- Welche Daten entstehen, die sinnvoll genutzt werden könnten?
- Wie ändert sich der Kontext?
Diese Punkte stellen nur einen kleinen Teil der Ansätze dar. Dazu kommt die sehr wichtige Aufgabe, die Angst („Die Neuerungen sind zu komplex.“, „Die Daten sind nicht sicher!“) vor der Digitalisierung mit einem digitaleren Bewusstsein zu reduzieren.
Auch die Rolle des QM im Change-Management wird deutlich steigen:
- Wie ist die Fehlerkultur und wie die Arbeit in Teams?
- Flexibles Arbeiten und Arbeiten im Team setzt eine hohe Fehlerkultur voraus!
- Nicht immer der gleiche Experte bearbeitet das Thema!
- Schnelligkeit fordert Fehlerminimierung und Mut!
Sie sehen, die Möglichkeiten sind vielfältig, in der QM im Rahmen der Digitalisierung aktiv mitwirken kann. Und die hier vorgestellten Punkte sind nur ein kleiner Ausschnitt!
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Hallo Herr Lehrke,
vielen Dank für diesen interessanten Artikeln.
Fast alle von Ihnen genannten Punkte kann ich dabei bestätigen. Ebenso habe ich festgestellt, dass bei einer (sinnvollen) Digitalisierung im Qualitätsmanagement auch die Akzeptanz der Mitarbeiter steigt. Da spielt dann zum Beispiel auch die von Ihnen genannte Zeitersparnis mit rein – das Aufwand-Nutzen-Verhältnis verschiebt sich dadurch. Und ebenso haben die Mitarbeiter dann nicht mehr das Gefühl, dass das Qualitätsmanagementsystem fast nur aus irgendwelchen Dokumenten besteht, deren vielleicht einziger Zweck es ist, dem externen Auditor als Nachweis vorgelegt zu werden. Es wird viel mehr als Unterstützung wahrgenommen.
Viele Grüße