Die umstrittene Neugestaltung der Düsseldorfer Innenstadt

Seit 2013 ist die Innenstadt Düsseldorfs freier geworden. Denn nach dem Abriss der Hochstraße, die liebevoll Tausendfüßler genannt wurde, ergeben sich neue Seherlebnisse, die einen Blick frei geben auf legendäre Bauwerke wie das Schauspiel- und das Dreischeibenhaus. Mit dem Projekt Kö Bogen II sollen in den nächsten Jahren neue Sehenswürdigkeiten auf dem freigewordenen Platz entstehen. Doch wann die Bauarbeiten beendet sind oder gar anfangen, steht noch in den Sternen.
Das Ende des Tausendfüßlers
Fünf Jahrzehnte hatte die 536 Meter lange Hochstraße in der Innenstadt der nordrheinwestfälischen Hauptstadt das Stadtbild geprägt. Obwohl die filigran erscheinende Autohochstraße 1993 unter Denkmalschutz
gestellt wurde, hat man ab 2001 über den Abriss des sogenannten Tausendfüßlers diskutiert.
Denn die Straße nehme zu viel Platz im Stadtbild ein und versperre den Blick auf wichtige Sehenswürdigkeiten. Mit anderen Worten, die beliebte Hochstraße war nicht mehr zeitgemäß. 2013 wurde nach einem Ministerentscheid der Abriss genehmigt und zwischen Februar und April 2013 vollzogen. Die Fahrzeuge verkehren nun unterirdisch. Seitdem ist die Innenstadt Düsseldorfs eine große Baustelle und das Ende ist vorerst nicht in Sicht.
Kö Bogen: Jahrhundertlösung oder klotziger Prunkbau?
Schon vor dem Abriss des Tausendfüßlers wurde an der Neugestaltung der Innenstadt gearbeitet. Früher endete die beliebte und luxuriöse Einkaufsstraße Kö in einer nicht gerade ästhetischen Unterführung. Das wollte die Stadt mit dem Projekt Kö Bogen ändern. Bereits 2009 wurde der erste Spatenstich gesetzt. Doch das Projekt war von Anfang an heftig umstritten. Selbst das Richtfest im Jahre 2009 wurde von Demonstrationen begleitet. Kritisiert wurde vor allem, dass das Projekt von dem New Yorker Stararchitekten Daniel Liebeskind Düsseldorf zu einem Luxusghetto gestalte.
Architektonisch ist der Kö Bogen, der 300 Millionen Euro gekostet hat, jedoch allemal sehenswert. Daniel Liebeskind hat auf dem Jan-Wellem-Platz zwei Gebäude geschaffen, die als Einzelhandels-, Gewerbe- und Gastronomiefläche dienen. Die 26 Meter hohen Gebäude sind nach Osten und Süden konkav und konvex geschwungen. Eine Brücke verbindet die Gebäude ab dem dritten Stock. Doch das Besondere an dem Neubau sind die sogenannten Cuts. Diese Einschnitte in der Fassade sind gepflanzt und verbinden das Gebäude visuell mit dem Hofgarten. Trotz aller Proteste, die sogar 2013 in einem Brand mündeten, ist der Kö Bogen zu einem festen Bestandteil des Düsseldorfer Stadtbildes geworden.
Ingenhoven-Tal: 4 Kilometer lange Gebäudebegrünung
Auch das Projekt Kö Bogen II ist – wie sollte es anders sein – umstritten. Das Projekt entwarf der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven, der bereits 2005 einen Initialentwurf zum Kö-Bogen I lieferte, der allerdings aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht realisiert wurde. Geplant ist das sogenannte Ingenhoven-Tal am Rande des Gustaf-Gründgens-Platzes. Darin enthalten sind ein Pavillon mit abgeschrägtem Rasendach sowie ein 26 Meter hohes Hauptgebäude. Klingt zunächst noch nicht spektakulär. Doch der Düsseldorfer Architekt hat sich nicht umsonst bei dem Architekturwettbewerb durchgesetzt.
Um den Blick nicht auf das denkmalgeschützte Schauspielhaus zu versperren, weist das Hauptgebäude von Christoph Ingenhoven eine abgeschrägte Fassade auf. Das Gebäude interagiert damit durch seine unterschiedlichen Bauhöhen mit der Umgebung. Außerdem soll die Fassade zum Hofgarten und Schauspielhaus hin mit insgesamt vier Kilometer Hainbuchenhecken begrünt werden. Diese einheimische Pflanze verliert nie ihre Blätter und soll von April bis November grün blühen und von November bis April eine goldbraune Färbung annehmen.

Bildnachweis: Alexander Schmitz/ ingenhoven architects

Bildnachweis: Alexander Schmitz/ ingenhoven architects
Der zweite Komplex des Düsseldorfer Architekten sieht einen Gastro-Pavillon mit einer schrägen Liegewiese vor. In dem Pavillon ist auf rund 600 Quadratmetern genug Platz für Restaurants und andere Gastronomieangebote. Geplant ist auch eine Außenterrasse und die eben schon erwähnte Liegewiese, die jeder nutzen kann. Der Gustaf-Grüdgens-Platz soll außerdem für Aufführungen und Konzerte genutzt werden können, sodass sich der Theatervorplatz bereits selbst zur Bühne wandelt.
Warum so umstritten?
Bis jetzt klang alles ganz gut – wo also liegt das Problem fragen Sie sich gerade? Das liegt vor allem darin, dass die Stadt Düsseldorf nicht nur eine Teilfläche, sondern den gesamten Platz an die Investoren verkaufen will. Die vereinbarte Summe soll bei 70 Millionen Euro liegen. Ohne städtebaulichen Vertrag will die Stadt jedoch nicht zustimmen und die Verhandlungen laufen noch. Denn die Stadt wünscht sich das folgende Punkte berücksichtigt werden: Eine funktionierende Begrünung der Fassaden und das Recht, auch nach dem Verkauf den Platz nutzen und gestalten zu können. Diese Punkte sollen in dem Grundbuch verankert werden, damit auch bei einem Eigentümerwechsel die Forderungen gültig bleiben.
Im August sollen dann endlich die Arbeiten am Gustaf-Gründgens-Platz beginnen, doch zuerst müssen die Politiker der Stadt dem Bebauungsplan zustimmen. Die Westdeutsche Zeitung vermutete sogar, dass der Stadtrat frühestens am 15. September über den Plan entscheidet und damit der Baustart erst Anfang November erfolgen kann. Eine Fertigstellung wäre damit erst frühestens 2019 zu erwarten. Düsseldorf wird wohl noch einige Zeit eine große Baustelle bleiben.
Update Dezember 2016
Am 17. November 2016 hat der Stadtrat grünes Licht für das Projekt gegeben. Der städtebauliche Vertrag wurde abgesegnet, sodass dem Kö Bogen 2 nichts mehr im Weg steht.