Der Digitale Bahnhof: Fernüberwachung von Bahnhofsuhren mit LoRaWAN™

Die Deutsche Bahn möchte mit dem Internet of Things und der LPWA Technologie LoRa™ den digitalen Bahnhof Realität werden lassen. Welche Pilotprojekte momentan realisiert werden und wie weit wir von einem digitalen Bahnhof noch entfernt sind, berichtet Dr. Olga Willner in diesem exklusiven Beitrag.
Dr. Olga Willner ist Projektleiterin für IoT-Technologien bei der DB Station&Service AG. Gegenwärtig leitet sie unter anderem eine Pilotstudie zum Einsatz von LPWAN-Technologien in Bahnhöfen. Zuvor forschte die promovierte Wirtschaftsingenieurin an der ETH Zürich sowie am MIT und war zudem in der Managementberatung tätig.
Als Internet of Things (IoT) werden miteinander vernetzte physische Objekte bezeichnet, die eigenständig Daten sammeln und austauschen. Auf dem Weg zum Digitalen Bahnhof werden Internet-of-Things-Technologien für die Deutsche Bahn (DB) immer wichtiger. Ziel ist es, mithilfe der neuen Technologien das Kundenerlebnis zu verbessern, etwa über neue Geschäftsmodelle, einfachere Prozesse und weniger Defekte. Eines der ersten IoT-Vorhaben bei der DB war das Projekt ADAM (Ausbau Digitalisierung im Anlagenmanagement): 2.100 vernetzte Aufzüge und 1.000 Fahrtreppen melden heute in Echtzeit ihren Status; Fehler werden so früher erkannt, Reparaturen schneller veranlasst. Zudem kann jeder Kunde über bahnhof.de und die App „DB Bahnhof Live“ jederzeit erfahren, in welchem Zustand sich Aufzüge und Rolltreppen befinden.
LoRaWAN™
Für derartige Projekte gewinnen neue Übertragungstechnologien an Bedeutung, die speziell für den Einsatz in IoT-Szenarien ausgelegt sind. Dazu zählt LoRaWAN™ (Long Range Wide Area Network): Ein Übertragungsprotokoll, das sich für den Datentransport über große Entfernungen bei geringem Energieverbrauch eignet. Um die Eigenschaften der Technologie zu untersuchen, hat die DB zwei LoRaWAN™-Gateways auf dem Dach des Berliner Hauptbahnhofs installiert. Die Technik in Schuhkartongröße ist vom Vorplatz aus kaum zu erkennen, erlaubt aber die Anbindung mehrerer Tausend Sensoren, sofern sich diese in der Funkreichweite der Antennen auf dem Bahnhofsdach befinden. Eines der beiden Gateways ist als Community-Gateway bei The Things Network (TTN) registriert und deckt nahezu ganz Berlin ab. Damit ist das Gateway für jeden frei zugänglich, wodurch die DB verschiedene Smart-City-Projekte unterstützen kann.

Fernüberwachung der Bahnhofsuhr
Aktuell führt die DB mehrere Pilotstudien zur Fernüberwachung der Bahnhofsuhr mit LoRaWAN™ durch. Unter anderem läuft ein Versuch mit 50 Uhren, die durch die DB Kommunikationstechnik mit einer Überwachungslösung nachgerüstet wurden. Zwei weitere Uhren wurden gemeinsam mit dem Berliner Tech-Startup Relayr mit Sensortechnik ausgestattet, die an den Berliner Bahnhöfen Bellevue und Jannowitzbrücke im täglichen Versuchsbetrieb sind. Schließlich wird an einer dritten Uhr mit dem Software-Startup GreyRook ein neuer Ansatz für die Zeitsynchronisation von Bahnhofsuhren entwickelt.
Ziel dieser Aktivitäten ist es, die Kosten für den Betrieb der Uhrensysteme zu senken und gleichzeitig defekte Uhren zu vermeiden. Etwa 12.000 Bahnhofsuhren sind in praktisch allen Ortschaften Deutschlands in Betrieb, was sie zum optimalen Anwendungsgebiet für den Einsatz von IoT-Technologien macht. Zukünftig könnten Sensoren jederzeit den Zustand aller Uhren erfassen und melden: Bewegen sich die Zeiger korrekt? Ist Feuchtigkeit in die Uhr eingetreten? Gab es einen Glasbruch?
In den laufenden Piloten werden die gesammelten Sensordaten mit LoRaWAN™ per Funk an ein zentrales Auswertungssystem weitergeleitet. Auf dieser Datenbasis werden regelbasiert Fehlerbilder identifiziert, welches die automatisierte Ableitung von Instandhaltungsaufträgen ermöglichen. Um auch hier die Technologieoptionen zu untersuchen, erprobt die DB unterschiedliche IoT-Plattformen – sowohl proprietäre als auch Open Source – wie Amazon Web Services, IBM Bluemix und den TICK-Stack.
Ausblick
Gegenwärtig wird der flächendeckende Roll-Out eines LoRaWAN™-Netzes an deutschen Bahnhöfen evaluiert. Die Technologie könnte neben der Uhrenüberwachung auch viele weitere Anwendungen ermöglichen. Um das Potenzial abzuschätzen, führt die DB weitere Machbarkeitsstudien durch. Dazu gehören die Beleuchtungssteuerung an Bahnhöfen, das Ablesen von Stromzählern sowie die Füllstandsmessung in Abfallbehältern. Mit diesen Vorhaben nähert sich die DB schrittweise der Vision des Digitalen Bahnhofs.