Arbeitszeiten, Work-Life-Balance und Co: Wie lange ist zu lange?

Die Arbeitszeiten – ein altes, umstrittenes Thema in der Wirtschaft. Da sind auf der einen Seite die Interessen des Unternehmens, das auf die Spitze getrieben gerne Wochenarbeitszeiten von 168 Stunden sehen würde, auf der anderen die Mitarbeiter, die gerne arbeiten würden, wann und wieviel sie möchten. (Manche vielleicht gar nicht.) Diese etwas polemisch dargestellte, gegensätzliche Interessenlage führt natürlich zu Konflikt. Deshalb einigt man sich ja auch von vornherein in einem Arbeitsvertrag auf eine Zahl. 35 Stunden, 39,5 Stunden, 40 Stunden oder 42? Darauf kann man sich dann berufen und am Ende sind alle: Glücklich? Zufrieden? Ist überhaupt das beste Ergebnis für die Firma erreicht?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben gemeinsame Interessen
Um das herauszustellen, müssen wir natürlich mit den oben erwähnten Vorurteilen aufhören. Zunächst einmal wollen Menschen – trotz aller Skepsis ihres Führungspersonals – tatsächlich arbeiten. Die Frage ist hier nur: Was? Tatsächlich kennen wir alle das Gefühl, wenn wir in einer Tätigkeit richtig aufgehen, dabei einen Schub an Glückshormonen bekommen und uns richtig energetisch und stark fühlen. Weil wir etwas erledigen.
Arbeit kann also durchaus Spaß machen, konträr zu dem, was wir gerne in der Öffentlichkeit diskutieren. Mit den passenden Aufgaben, einer positiven Unternehmenskultur und einer angemessenen Bezahlung macht Arbeit durchaus zufrieden. Und zu diesem Zufriedenheitspaket gehört natürlich auch die Arbeitszeit, was auch die Zahlen belegen: Nach einer Erhebung des statistischen Bundesamtes sind 93 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland mit ihrer Arbeitszeit zufrieden. Und 85 Prozent aller Teilzeitkräfte würde sogar gerne mehr arbeiten, wenn sie die Chance hätten. Das sind allerdings auch die Personen, deren Arbeitszeit ungefähr mit der vertraglich vereinbarten Stundenzahl übereinstimmt. Demgegenüber gibt es auch eine große Zahl „Überbeschäftigter“, die durchschnittlich deutlich mehr arbeiten, als vertraglich vereinbart. Die würden alle gerne kürzer treten – im Schnitt sogar ganze 11 Stunden die Woche!
Und was heißt das für die Arbeitgeber? Natürlich: Zuwächse an Produktivität. Denn zufriedene Mitarbeiter leisten von sich aus mehr, da sie intrinsische Motivation dazu treibt. Und die ist viel wertvoller, als äußere Anreize. Doch an diesem Punkt schließt sich der Kreis: Denn hier muss der Arbeitgeber sogar aufpassen, dass Mitarbeiter nicht anfangen, freiwillig zu viel zu arbeiten. Denn das führt ganz schnell dazu, dass Zufriedenheit, Motivation und auch der Gesundheitszustand kippen können.
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Arbeitszeit, Produktivität und Gesundheit
Eigentlich ist es fast eine Binsenweisheit, aber die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) stellt zu diesem Thema auch regelmäßig Studien an: Zu lange Arbeitszeiten schaden der Gesundheit und machen weniger produktiv. Und das korreliert nicht nur mit der Zufriedenheit, sondern auch mit der Zahl der Überstunden, die verrichtet werden. Der Arbeitszeitreport Deutschland 2016 der BAuA zeigt, dass mit dem Überschreiten der 40-Stunden-Woche die Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance unter den Arbeitnehmern deutlich absinkt. (35-39 Stunden scheinen hier die ideale Zeit zu sein, denn weniger macht laut der Befragung auch unzufrieden.) Doch bei den Vollzeitbeschäftigten zeigt sich außerdem, dass mit Überstunden vermehrt auch gesundheitliche Beschwerden einhergehen. Und ganz besonders bei Wochenendarbeit.
Diese gesundheitlichen Beschwerden machen den Eindruck, als seien sie (auch) psychischer Natur – der Burnout fällt einem diesbezüglich schnell ein. Die BAuA fragt nach Rücken- und Kreuzschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit und Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und körperlicher Erschöpfung. Und Unzufriedenheit sowie eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustands führen wiederum zum Wunsch, die Arbeitszeit zu vermindern.
Dabei sind Motivationslosigkeit und schlechte Gesundheit der Mitarbeiter nicht im Interesse des Arbeitgebers, denn sie führen zu:
- Weniger Leistung pro Zeiteinheit
- Höherem Unfallrisiko
- Höherem Krankenstand
- Höherer Fehlerhäufigkeit
Generell hat sich die 40-Stunden-Woche bewährt, denn danach sinkt die Arbeitsleistung mit zunehmender Arbeitszeit überproportional ab.

Aber was ist mit den Unternehmensinteressen? (Just-in-time? Ständige Erreichbarkeit?)
Während wir nun auf der einen Seite wissen, dass eine Arbeitszeit von etwas weniger als 40 Stunden wohl ideal für Arbeitnehmer ist, steht auf der anderen Seite ein Problem: Mit Globalisierung und Digitalisierung gibt es heute Anforderungen an Unternehmen, die eigentlich dazu zwingen, das Arbeitszeitfenster auszudehnen. Der Druck steigt, ständig für Kunden erreichbar zu sein und produzieren zu können, was auch Rückwirkungen auf die Arbeitnehmer hat – die ja die Arbeit machen.
Flexibel erreichbar zu sein und Arbeitsverdichtungen führen zu neuen Konflikten bei der Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Und da tut sich dann einen neue Frage auf: Wie kann Arbeit vor diesem Hintergrund so gestaltet werden, dass ein Unternehmen die Kundenbedürfnisse adressiert, jedoch gleichzeitig auch die seiner Arbeitnehmer?
In dem Artikel steckt viel Wahres drin. Die Arbeitgeber müssen flexibler werden. Auch bei Alleinerziehenden, die sehr viel leisten können.