3D-Druck erfolgreich meistern: Meilensteine, rechtliche und inhaltliche Herausforderungen

Der 3D-Druck verändert die Welt der Produktionsprozesse gravierend. Es gibt viel Potenzial in unterschiedlichsten Bereichen, das aber auch mit rechtlichen Stolpersteinen und Fallstricken einher geht. Lassen Sie sich von Marco Müller-ter Jung LL.M. über die Trends und neuen Regelungen im 3D-Druck auf den aktuellsten Stand bringen.
Marco Müller-ter Jung LL.M. (Informationsrecht) ist Partner und Fachanwalt für IT-Recht in der internationalen Wirtschaftskanzlei DWF. Seine Schwerpunkte liegen im IT- und Technologierecht, Recht des geistigen Eigentums sowie in der Gestaltung von (IT- und Lizenz-) Verträgen. Er berät national und international tätige Unternehmen der Informationstechnologie- und Telekommunikationsbranche in branchenspezifischen wirtschaftsrechtlichen Fragen ebenso wie Anwenderunternehmen zu Problemstellungen des IT-Rechts. Darüber hinaus gestaltet Marco Müller-ter Jung die Rechtsfragen für Unternehmen bei der Entwicklung neuer innovativer Technologien, etwa in den Bereichen Additive Manufacturing, Autonomous Driving, IT- und Cyber-Security, T/Robotics/Automatisierung und Big Data. Er publiziert regelmäßig zu spezifischen Rechtsfragen im IT- und Technologierecht.
Veränderungen ja, aber wie umfangreich?
Was sind die großen Meilensteine, die wir zukünftig erwarten können?
Aus meiner Sicht als Jurist, lässt sich sagen, dass der 3D-Druck Produktionsprozesse nicht derart verändern dürfte, dass fortan eine Vielzahl konventioneller Fertigungsmethoden substituiert werden. Denn sowohl aus finanziellen oder technischen Gründen, als auch aufgrund von Anforderungen wie beispielsweise Schnelligkeit in der Produktion, werden auch zukünftig eine erhebliche Anzahl an Bauteilen und Produkten auf konventionelle Art und Weise produziert werden.
Viel Potenzial durch den 3D-Druck
Gleichwohl weist der 3D-Druck für zahlreiche Industrien und Branchen erhebliche Potentiale auf. Es wird in einzelnen Branchen Produkte und Bauteile geben, für die sowohl technisch als auch wirtschaftlich die Vorteile überwiegen, diese Produkte additiv zu fertigen. Treiber sind dafür beispielsweise Anforderungen wie die Leichtbauweise in der Luftfahrt oder für Elektrofahrzeuge oder die Möglichkeit, Ersatzteile on demand zu fertigen anstatt diese zu hohen Lagerkosten vorzuhalten.
Auch besteht die Vision, benötigte Ersatzteile dort zu fertigen, wo sie benötigt werden und dadurch Liefer- und Logistikwege zu verkürzen. Ein besonderer Vorteil der Technologie in technischer Hinsicht sind die hohen Freiheitsgrade, die es ermöglichen, komplexe Bauteile mitunter in einem Prozessschritt zu fertigen. Komplexität und Designfreiheiten ermöglichen es beispielsweise, Erkenntnisse aus der Bionik umzusetzen und Bauteilen neue Funktionen zu geben oder funktionale Komponenten in geschlossenen Bauteilen zu integrieren. So gibt es schon jetzt Bauteile, die sehr kundenspezifisch in kleinen Stückzahlen und dennoch wirtschaftlich mittels 3D-Druck hergestellt werden können.
Da die spezifischen Werkstoffe und Materialien, die Anlagen sowie das Prozess Know-how ständig verbessert und weiterentwickelt werden, dürfte zukünftig die Zahl an additiv gefertigten Produkten und Anwendungen stetig steigen.
Welche Stolpersteine gibt es aus Ihrer Sicht für Unternehmen, die additive Fertigungsverfahren einsetzen?
Eine besondere Herausforderung für viele Unternehmen dürfte sein, in einem ersten Schritt diejenigen Produkte und Bauteile im eigenen Unternehmen zu identifizieren, die sinnvollerweise sowohl aufgrund wirtschaftlicher als auch technischer Vorteile fortan mittels additiver Fertigung hergestellt werden können. Davon hängt unter anderem auch ab, welches der verschiedenen 3D-Druckverfahren, wie Laser Sintern, Laser-Strahlschmelzen oder Fused Layer Modeling, konkret anzuwenden ist. Dabei sollten Sie geeignete, spezifische Materialien und die dafür geeigneten Anlagen auswählen, was vielfach extern an einen spezialisierten Dienstleister ausgelagert werden kann. Denn insgesamt sind die Beherrschung der additiven Fertigungsprozesse und die Reproduzierbarkeit von Produkten nach wie vor eine große Herausforderung, die viel spezialisiertes Fachwissen und Know-how erfordert.
Rechtliche Herausforderungen sind vielschichtig
Was sind die großen rechtlichen Herausforderungen?
Einerseits spielt das Thema IP-Recht eine große Rolle. Dabei geht es um die Frage, ob und inwieweit in bestehende gewerbliche Schutzrechte (beispielsweise Patent-, Gebrauchsmuster-, Designrechte) beziehungsweise Urheberrechte eingegriffen wird, indem eine bereits bestehende und geschützte technische Konstruktion für die Erzeugung additiv gefertigter Produkte genutzt und dabei vielfach weiterentwickelt oder optimiert wird.
Auf der anderen Seite können durch den Prozess der Weiterentwicklung eines Bauteils, etwa das Hinzufügen komplexer Geometrien und Strukturen, wie zum Beispiel feiner Kühlkanäle, gegebenenfalls auch neue schutzwürdige Leistungen beziehungsweise schutzfähige technische Erfindungen entstehen. Hier gilt es, den Einzelfall sorgfältig zu analysieren. Zudem ist die Frage, ob im Einzelfall bereits die digitalen CAD-Dateien und nicht erst das fertige, physische Produkt geschützt sind, rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Wichtig ist jedoch, dass sich alle an der Wertschöpfung Beteiligten darüber Klarheit verschaffen, welche IP-Rechte sie nutzen. Außerdem gilt es zu klären, welche neu entstandenen Rechte zu lizenzieren sind, so dass die erforderliche vertragliche Einräumung benötigter Rechte erfolgt.
Da es sich um einen digitalen Wertschöpfungsprozess handelt, ist eine wesentliche Herausforderung auch die Gewährleistung der IT-Sicherheit, also die Absicherung etwa der Datenübertragungsprozesse und die Wahrung der Integrität der Daten. Ferner entstehen durch veränderte Liefer- und Leistungsbeziehungen und technische Wechselwirkungen in Bezug auf die unterschiedlichen Leistungsbeiträge der Prozessbeteiligten, neue Rechtsfragen im Hinblick auf die Gewährleistung und (Produkt-) Haftung. Dabei kommen der Qualitätssicherung und der Schaffung einer juristisch verwertbaren Dokumentation besondere Bedeutung zu.
3D-Druck: Es gibt neue Anforderungen
Gibt es aktuelle Änderungen, die man jetzt kennen sollte?
Eine aktuelle Änderung, die auch für die additive Fertigung von Bedeutung ist, ist das erst Ende April in Kraft getretene neue Gesetz zum Geschäftsgeheimnisschutz. Für den Abschluss von Geheimhaltungsvereinbarungen („NDAs“) ergeben sich neue Anforderungen, nämlich das Unternehmen aufgefordert sind, angemessene technische Maßnahmen zu ergreifen, damit die geheime Information hinreichend geschützt wird. Werden keine angemessenen Schutzmaßnahmen getroffen, kann dies den Verlust des Geschäftsgeheimnisschutzes bedeuten. Angesichts dessen, dass einzelne Prozessschritte der additiven Fertigung digitalisiert sind, ist zu empfehlen, dass Unternehmen sich hiermit auseinandersetzen. Zudem regelt das Geschäftsgeheimnisgesetz das „Reverse Engineering“ neu. Dieses ist grundsätzlich zulässig, wenn zwischen den Parteien nicht vertraglich ausdrücklich etwas anderes geregelt wird.
Was würden Sie in Sachen Haftung und Gewährleistung für Besonderheiten sehen?
Besondere Fragestellungen zur Produkthaftung ergeben sich etwa hinsichtlich der Frage, wer innerhalb der additiven Fertigung als Hersteller anzusehen ist. Hierunter können im Einzelfall zum Beispiel der Konstrukteur/Designer der Druckvorlage oder der 3D-Druckdienstleister fallen. Auch die produkthaftungsrechtliche Einordnung der CAD-Datei wirft Rechtsfragen auf. Zudem gilt es zwischen den Beteiligten, wie zum Beispiel Konstrukteur und Auftraggeber, die Verantwortlichkeiten im Hinblick auf bestehende technische Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen den Konstruktionsdaten, der Wahl des Materials, des additiven Fertigungsverfahrens und der Anlage zu klären und Mitwirkungs- und Hinweispflichten sorgfältig voneinander abzugrenzen. Schließlich weisen zum Beispiel auch einzelne Methoden der Qualitätssicherung im 3D-Druck spezifische Besonderheiten auf, die Juristen kennen sollten, um rechtliche Schlussfolgerungen etwa für die Beantwortung von Haftungsfragen ziehen zu können.